Freitag, 13. November 2009
Not und Wendigkeit
Ernst, der willkommene, erbetene, ersehnte Ernst: nicht zu verwechseln mit Langeweile, und nicht mit Traurigkeit. Die Stille nicht mit dem Ersterben, das Wanken nicht mit Unvermögen.

Hallelujah!
Dieses Gefühl immer, bei "King of Kings" in der Fankurve zu stehen, zu vielen, auf Treppen, alle mit nur einem Gedanken, Schal um den Hals, ein Mann zu sein unter Männern für einen Moment, und dann die Bruststimme ausgepackt und gehirscht, was geht. Tja, Sopräne, das ist schon schade, dass ihr an der Stelle nicht aufgestellt seid, aber eure langen, hochgejazzten "Kings" und "Lords", die sind auch große Sirene, und ich möchte das nicht singen müssen.

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Mittwoch, 11. November 2009
Darf eine Woche ganz normaler Sommerurlaub mehr als ein Monatsnetto kosten?

Mathe am Nachmittag
Radiergummi und Anspitzer gesucht, eine kleine Zwiebel weggeschmissen, die innen schon ganz wabbelig war, zwei verschrumpelte Kastanien in den Jackentaschen vermutet, und so war es auch, lange nach zwei gleichlangen und überhaupt langen Gummis gesucht (also so dünne Gummibänder für um angebrochene Rosenhilfsblühgranulattütchen rum, aber lange eben), großes weißes Blatt auf dem Boden ausgebreitet, mit Gummis so Ställe gebaut, in denen dann der Radiergummi und der Anspitzer mit Kastanien in wechselnden Kombinationen und unter wechselnden Vorzeichen wohnen durften, und das alles nennt sich dann "ich helf dir immer in Mathe, wenn du willst, und wenn du nicht willst auch". Dabei ging es nur um das Distributivgesetz, und dafür so ein Affentheater. Mann! Man macht sich zum Hampelmann, echt.

(Kastanie · Radiergummi) + (Kastanie · Anspitzer) =
Kastanie · (Radiergummi + Anspitzer)

Klar jetzt? Na endlich.
Anschaulicher und irgendwie interessanter jedoch:

(5 · Marzipankartoffel) + (3 · Marzipankartoffel) =
(5 + 3) · Marzipankartoffel =
8 · Marzipankartoffel

Darüber wurde schnell Einigkeit erzielt, auch darüber, dass 5 > 3 ist und dass größere Leute mehr essen müssen als kleinere, aber dass es auf jeden Fall christlich und gerecht ist, wenn jeder 4 bekommt.

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Dienstag, 10. November 2009
Soirée du bouffon
Ich habe mit dem Clown getanzt. Mit großer Geste hat er mich geholt, ein Wink ans Orchester und der sachte Regen auf der Kuppel verfloss zum Rauschen des Besens auf der Snare. Unter dem albernen dünnen Kostüm ein muskulöser Arm, der mich einlud, nein, der von mir verlangte, dass ich mich hineinlegte, und mit den Augen führte er mich, wohin er wollte, er, unter dessen Maske eine leise Frage war. Er brachte mich zurück, über Sägespäne und die Bande trug er mich, zu meinem Platz zurück. Ein stummes Beugen über meine Hand, ein Lächeln noch zwischen den Vorhängen, und dann weiß ich nicht, wie ich nach Hause gekommen bin.

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L'après-midi d'un faune
Anstehen an der Zirkuskasse im Regen: Siegfriedlenz'sches Sepia in den Pfützen. Die Tänze des Sehnens sind rötlicher, und feuchter. Flecken von Glühbirnenbunt in Haaren und Augen. Macht 36 50.

Montag, 9. November 2009
Alles da, ich weiß: Putzfrau, Sonntagmorgenfick und genug Scheine, um immer guten Wein kommen zu lassen.

Da kann man leicht "ach nein, danke" sagen.

[ira]
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Samstag, 7. November 2009
Einfach und vom Allerfeinsten
Auf sehr simple Art kann sich ein wenig beglückt fühlen, wer auf eigener Scholle das Nötigste findet, um der kommenden Winterkälte die haltbare Zufriedenheit einer mit Bedacht genossenen warmen Mahlzeit entgegenhalten zu können.



Von Parasolen besucht zu werden, das ist wie den scheuesten aller Eisvögel auf dem Zeigefinger zu halten. Schwere, tagelange Geduld lässt sich üben, bis die jungen Kugeln sich zu flachen großen Hüten geöffnet haben, die Angst um ein kostbares Lebewesen, das ungeschützt der Unbill nächtlicher Stürme in einer nasskalten Welt ausgesetzt ist, will durchgestanden werden. Doch das Bangen, das Warten, die ungläubige Vorfreude wird reich belohnt: Von einem solchen Schirm, in Mehl, Ei und Semmelmehl gewendet und in Butter ausgebacken, kann eine ganze Person satt werden, für einen ganzen Abend. Reminiszenzen an Struktur und Aroma eines dunklen Edelfischs vermischen sich in merkwürdig gemusterten Schleifen mit dem Bewusstsein, hier ein uraltes, archaisches Essen vor sich zu haben: Pilz mit Ei.

Sie sind schön in jedem Stadium, sie sind nicht bezahlbar, sie sind auch mit viel Kunst nicht herbeizuführen, sie sind zum sofortigen Genuss empfohlen wenn sie sich erst einmal entfaltet haben, denn sie sind verderblich, und wer sie einmal geschmeckt hat, wird sie sein ganzes Leben lang nicht vergessen: Parasole sind wie eine große Liebe.

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