Montag, 9. Juni 2014
eine
eine
sieben
neun
neun
zwölf
neunzehn
dreizehn

Mein Hut mein Stock mein Regenschirm
Gestern Superchristengottesdienst. Sie sind sicher, dass ihr Gott ein guter Gott ist und beten doch die ganze Zeit nur darum, dass er sie segne: 21 Mal das Wort "segnen" gezählt in den Gebeten. Sie beten selbstverständlich nur für sich selbst, jeder für sich selbst. Da widmen am Mikrofon Einser-Abiturienten ihr Leben Jesus – ja, meint ihr, der braucht euer Leben? Widmet es euren Kindern, den Flüchtlingen, den Alten und Kranken, der Musik, der Forschung, den Bienen oder den Modellflugzeugen, von mir aus der Herstellung des besten Schokoladeneises im Viertel! Zack seid ihr gute Menschen! Ein Siebzehnjähriger bekennt, dass er bisher viel Mist gemacht hat (wahrscheinlich was mit Alkohol und nicht jeden Tag an Gott gedacht), und dass er ab sofort Jesus als Vorbild hat. Toll. Nur elf Freunde und dann jung sterben oder was? Sie danken für das "tolle Wetter" und dafür, dass Gott damit ihre Veranstaltung "segne" (22). Sonst nichts zu danken? Sie suchen Gott zu erpressen mit ihrer geschwätzigen Hingabe, eine berichtet, Gott habe ihr geholfen, die Luftmatratze im Keller wiederzufinden, und dabei war die Zeit schon knapp und sie musste los! Sie ist tief dankbar dafür und wünscht sich, dass Gott ihr noch oft helfe und sie segne. Sie reden zu viel, sprechen nur von Jesus und meinen damit doch nur sich selbst und ihr kleines Heil, das ihnen sowieso schon geschenkt ist, so wie sie da in der Sonne sitzen in ihrer kleinen sauberen Welt.

Ihr Kleingeister, ihr selbstverlorenen Angsthasen! Wisst ihr nichts Besseres zu tun, als für Gott Zirkus zu machen und Fußball zu spielen? Lass ihn in Ruhe und beleidigt ihn nicht mit euren Zweifeln, und euren wenigen Worten, die ihr habt, ihr Glaubenskriecher. Hat er euch nicht nach seinem Bilde gemacht? Los, das reicht, ihr könnt einfach leben, ein bisschen Spaß haben an irgendwas, ein paar Leuten helfen, und dann sterben. Fertig, das heißt: Amen.

[ira]
Sonntag, 1. Juni 2014
A. D.
Vielleicht ist der Himmel ja so gut, ihrer wunderschönen Großmutter die Nachricht zu überbringen, dass ihr doch ein Mädchen nachkommt, genau so, wie sie es sich immer gewünscht hat. Und denen Verzeihung zu gewähren, die ihr diese Nachricht auf Erden nicht überbracht haben.

Schlafen Sie gut, liebe Frau D.

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Samstag, 17. Mai 2014
stuff
Los, Internet, streng dich an. Du wirst doch wohl irgendwo eine Spardose mit einer Kensington-Buchse haben?

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Montag, 5. Mai 2014
Ps 62,2-3
Tausch: einer großen Taufe folgt eine kleine Konfirmation. War damals die große Kathedrale voll besetzt und voller Musik, gab es damals Bach und Messiaen und zweierlei Orgeln für dieses einzelne kleine Baby und für alle, die kamen, können heute vier der 14 reservierten Familienplätze verschenkt werden. Ein Blödflockenensemble spielt, es gibt Schnippslieder, die von den jungen Stimmen halb kindlich, halb mit dem Mut und dem Übermut des kommenden Erwachsenseins mitgesungen werden, und die Orgel klingt seltsam nach Hammond in diesem Gemeinderaum ohne Hall, der nun mit Gästen vieler Familien besetzt ist, von denen zwei Drittel das Glaubensbekenntnis nicht mitsprechen können. Das Vaterunser geht schon besser, und das ist schließlich das Wichtigste. Sie schauen ernst, die damals am Taufbecken sich erschreckt haben über das Wasser oder einfach alles verpennten, sie sind geschminkt und stöckeln auf ungewohnten Absätzen daher, sie tragen Anzüge und Krawatten, die sie komisch finden und sich selbst auch, das sieht man in ihren Gesichtern, die Schuhe sind geputzt und alle dunkel. Mehrere Omis weinen beim Einzug, der Pastor lässt sich rühren vom Elterndankblumenstrauß, der ihm von der rampensaumäßigsten aller Mütter mit einer kleinen Rede in den Arm gelegt wird, er hat es verdient, genau wie die pensionierte Lehrerin, ein Bild von einer Religionspädagogin, Pastorenfrau mit Großmutterkörper, die ihr Ehrenamt ernst und mit Schwung nimmt, seit die junge Diakonin gehen musste, weil die Kirche sie nicht mehr bezahlen konnte. Es sind Schulkameraden und der süße Freund gekommen, die beste Freundin sogar, die eigentlich in der Geschlossenen ist, weil sie sich die Arme immer zerschneiden muss – sie hat Ausgang erwirkt. Die eigene Oma sagt hinterher, als sie auf die Welt kam, da fragten wir uns, ob wir wohl die Konfirmation erleben, und da weint sie schon wieder. Später weinen die Gäste beinahe über die kleine Rede, die das Kind hält zum Essen, und dann macht man vier Gänge durch das Menü, während der Kleinste sich an seinen Nudeln freut und mit seiner Serviette mit allen Guckuck spielt.

Gestärkt gehen wir alle hervor aus diesen scharfen Kurven. Gas geben, der Anstieg ist noch nicht geschafft, die Kuppe aber schon sichtbar, dahinter eine Landschaft, auf die sich alle freuen, denn sie ist neu für alle und es sieht so aus, als scheine dort die Sonne.

Dienstag, 29. April 2014
Salbe
Die Abende sind sehr leise geworden. Kleine Verrichtungen, eine Naht hier und eine Gießkanne Wasser dort, alle Vorsätze, wieder das Fahrrad zu nehmen jeden Abend hin. Kleine Gänge, Ideen kurz wie die Strophen der Amselgesänge draußen. Die Tage rumpeln so vorbei. Verschobene Telefonate, Fehler in den Rechnungen, der Hunger, ungeputzte Schuhe, abgelaufene Versprechungen, Disziplin an der Uhrzeit entlang. Der Kalender ist ein grobes Netz geworden in einem fremden Haus. Worte fort.

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