Sonntag, 1. April 2012

Rat Watchers United
Bitte helfen Sie mir, insbesondere wenn Sie eine Nachtratte eule sind. Die Frage, die es zu beantworten gilt, lautet:

IST DIE RATTE NOCH IM KELLER oder nicht?

If "ja" Then
   Wohin verschwindet sie nach dem Fressen?
Else "Na dann ist ja gut."
Endif

Es war ja so (ich versuche, es kurz zu machen). Am Mittwoch kam ich nach einem langen und sehr unerfreulichen Tag in meinen Keller und fand ihn mit stinkender, kanalig riechender schwarzer Brühe einen knappen Zentimeter hoch überschwemmt. Was war passiert? Der Abfluss der Waschmaschine pumpt direktemang in den unter dem Kellerboden liegenden kleinen Kanal, der zwischen Hintergrundstück und dem an die Kanalisation angeschlossenen Vordergrundstück verläuft und sowohl das die Kellertreppe hinabrinnende gute Regenwasser unter dem Haus hindurch dem öffentlichen Wasserversorgungsnetz zuleitet, als auch die besagte Waschbrühe, die in einen Abfluss im Boden eingeleitet wird. Diese Konstruktion ist genau 56 Jahre alt und nun schien der Kanal zum Kanal endlich verstopft, ich wartete schon lange darauf. Ein mit einer geheimnisvollen Kugel bestücktes Rückschlagventil, so erzählte mir der sabbernde Vorbesitzer, ein Deckel in einer kleinen Grube, die mal ein Sieb enthielt, der Deckel mit sauber angerosteten, einst sechskantig gewesenen Schrauben auf Ewigkeit mit der Unterkonstruktion verkorrodiert, aber es empfahl sich bisher die bewährte Strategie: Never change a running system, wie der liebe Gott immer so schön sagt.

Ich aufs Fahrrad, 2 Liter Abflussfrei bei Lidl erstehen. Der Nachbar na Frau Hora, wohin denn noch so s-pät? Ich ach scheiße, Keller unter, hm naja, Wasser oder so, Abfluss verstopft. Er s-teigen Sə mal ab, das hamm wə gleich. Rückt an mit Gummistiefeln, Gummihandschuhen goliathis, Nusssatz vom Feinsten, Ratsche, Rohrzange und Kuhfuß, das muss neu, das wissen Sə, ich ja machen Sə nur. Reißt die Schrauben ab, geben Sə mal die S-pirale, immer drehen, ja langsam näher kommen und nach 50 Minuten schon gluckgluck und da fließt sie hin, die Brühe des Teufels. Der Herr Nachbar kennt da einen, der macht mir das neu, bei ihm hat er das auch gemacht, das kost nich viel, er meldet sich in den nächsten Tagen.

Wie der Wasserspiegel wieder ruhig ist innerhalb der kleinen Grube, erfreue ich mich noch eine Zeit lang an meinem eigenen image noir, und dann lasse ich alles einfach offen, noch einen Eimer Wasser reinkippen, läuft alles ab, prima.

Freitag Handwerker und Sonne und so. Waschmaschine läuft, Lauge läuft ab, das Spiegelbild auf niedrigem Niveau. Samstag im Haus die Kellertreppe runter, Milch holen aus dem Vorrat. Es raschelt in den Versandkartons, die in einer Kellertreppenecke gestapelt sind ohne Ordnung, eine Herausforderung an die Physik, was die Stapelhöhe angeht, man weiß ja nie, wann man die mal alle braucht. Aus dem Seidenpapier schauen mich über einer kleinen Nase wunderschöne schwarzglänzende Augen an, in denen sich das Treppenlicht spiegelt, die Pfötchen sind anmutig auf den Kartonrand gelegt. Eine wirklich süße Ratte! Heieiei, was machst du denn hier? Wir schauen uns an und ich sage, das geht aber nicht. Deine Kinderchen warten. Geh nach Hause. Sie ab in den Keller mit den Vorräten.

Schnitt.

Mensch stochert mit dem Besen, Ratte flüchtet. Schnelle Kamerafahrt (Handkamera?) in verwinkelte Spinnwebenecken. Soundtrack: Hummelflug mit klopfendem Rattenherzen und dem Arbeitstitel "Warum ist Hausbesitz ohne Tötungsverpflichtung nicht möglich?"

Schnitt.

Mensch hängt Tür aus, um damit einen Durchgang in einen Raum ohne Tür zu verstellen, was wiederum der Ratte eine Sackgasse versperren soll - die Außentür des Kellers steht weit offen, um die Flucht ins Freie zu ermöglichen. Mensch stochert, Ratte rennt und schlüpft hinter der angelehnten Tür in den Raum mit den meisten Regalen. Mensch seufzt und telefoniert nach viel vergeblicher Mühe, die Tür wieder einzuhängen in die groben Scharnierbolzen, mit erschöpft zitternden Oberarmen in der Nachbarschaft nach Hilfe für das Wiedereinhängen der Tür. Nachbar kommt mit einer Tüte Brötchen, die er für seine Familie zum Frühstück gekauft hat und hängt die Tür ein. Mensch erzählt auf Nachfrage etwas von "ausgehängt, weil ich sie lackieren wollte, aber ich habe nun doch keine Lust" und schämt sich, weil er die Ratte so sehr gern hat. Nachbar nimmt seine Brötchen und geht frühstücken mit seinen Kinderchen. Mensch kocht Kaffee und weint ein bisschen, nachdem er die beiden zusammenhängenden Räume geschlossen hat. Rattensicher, denkt er.

Seit gestern Rattengift ("Die Tiere verenden schmerzfrei und ruhig.") ausgelegt und ab und zu die Kellertür offengelassen. Drei Portionen Rattengift à zwei Esslöffel hat die Süße schon vertilgt und ein Versteck gefunden, das sich durch Stochern mit dem Besenstiel jedenfalls nicht eruieren lässt. Der Abflussdeckel mit den schmalen Schlitzen ist wieder auf dem Abfluss, der BIS MITTWOCH auch immer noch mit einem umgestürzten Blumenkübel mit Farbeimer drauf gesichert war, wegen der Mäuse. Träum weiter, Hausbesitzer. Sollte die Süße durch die Schlitze nun zwei Tage lang ein- und ausgetaucht sein?

Seit zwei Stunden ist der Deckel wieder mit der Blumen-Eimer-Installation überstülpt. Es ist eine Webcam installiert, das Licht ist für diese Nacht von einer Energiesparlampe gespendet (Vorräte in vielen Regalen muss der Hausbesitzer haben!), und es liegt die vierte, diesmal kleinere Portion lecker totmachendes Rattenfutter in schreiendem Pink aus. Die Kellertür steht einen Spalt offen in der Hoffnung, dass sie den Weg nach draußen interessant findet. Ich wünsch dir alles Gute, Süße, hau doch heute Abend einfach ab. Die Nacht ist schön, eine richtige Rattennacht.

Wer sich also partout auf meine Kosten amüsieren will, kann hier reinschauen: Ratcam. EDIT 3. April: Rattenfernsehen ist aus. Ratte ist fort oder tot. Oder schläft.

Und ja, die Kellertür ist orange lackiert und es sind Blümchenfliesen an den Wänden. Das Holzding ist ein selbstgezimmertes Phonoregal aus der Studienzeit. In der Aldi-Tüte sind Rauchmelder.

 
Oh. In mir laufen Filme ab. Die Kulturgeschichte des Hasses auf den Zivilisationsfolger. Ich könnte erzählen.

Tipps habe ich keine, außer: Gift und Fallen (Nutella!) gegen das, was schon da ist - und dann ABDICHTEN, so gut es geht. Menschen, die nachts mit Hunden spazieren gehen, zucken eh nur mit den Achseln: Die sind immer da. Du musst sie nur aus dem Haus draußen halten.

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Danke. Bisher war das ja kein Problem, denn die Schotten waren dicht, und sind es jetzt ja auch wieder. Alles meine Unachtsamkeit, länger als 24 Stunden stand der Weg ins Haus ja ungehindert offen für die guten Schwimmer... im Grunde find ich die klasse, denn sie sind so, hm, fähig. Weißischmein.

Ja, sie sind überall, und es geht wie mit allem Getier: Solange es nicht zu viele werden und sie uns nicht gefährden, soll's recht sein.

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Hm. (Die RatCam funktioniert hier nicht.) Unschön. Ich hatte mal eine Maus in er Küche, jedenfalls war ich mir sehr sicher, schwupps, weg war sie, wenn es nicht nur ein Schatten im Auge war. Da gab es viele Tipps, aber ich brauchte sie dann nicht. Mit Gift soll man bei Ratten ja vorsichtig sein. Die schaffen es ja angeblich noch, ihre Artgenossen zu warnen, und dann ist diese Waffe wirkungslos. Ich hoffe, sie zieht so wieder aus. Die ist bestimmt noch jung und will was erleben.

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Ich glaube, es kann immer nur einer den Stream anzapfen. So ist das wohl mit kostenlosen Apps.

Ich hoffe auch, dass sie den Weg findet. Das Nachtmahl hat ihr jedenfalls gemundet. Inzwischen steht das tödliche (?) Frühstück im Freien, direkt hinter der offenen Kellertür nach draußen. Pädagogisches Fingerspitzengefühl gibt es natürlich gratis hier.

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Der Ratt hat heute seine Portion DRAUSSEN vor der Kellertür gefressen (wenn es nicht die Amseln waren). Die Hoffnung, dass er abgehauen ist, ist klein, aber sie ist da. Heute Nacht also wieder ein kleines Mahl DRINNEN, im Keller. Sind die Pellets morgen weg, ist er noch da; dann greift der Plan "Lebendfalle mit Nutella". Sind sie morgen noch da, ist er entweder tot oder wirklich nach Hause gegangen. Dann heißt es die beiden Kellerräume mit Handschuhen a) durchsuchen und a') ausräumen, b) saubermachen mit irgendwelchen Substanzen, c) eine tote Ratte bergen. Lediglich c) könnte mir erspart bleiben.

Karwoche. Nun.

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