Samstag, 7. Juni 2008
Werktag
Noch schöner als ein Nachmittag neben einer im Schatten aufgebockten, geschundenen Zimmertür (die Kinder laufen neugierig herbei wie junge Hunde, wiegen Werkzeug in der Hand, fragen was und warum und wie, bieten sich als Helfer, als bereitwillige Boten und Kabelträger an, verschwinden unvermittelt, plappernd und wohlgelaunt, denn das Wort "Eis" anderwärts übt eine noch größere Anziehungskraft aus als lärmende Maschinen und der Geruch nach Betätigung und Handwerk; ältere Männer nähern sich, Respekt bekundend und unauffällig über den Zaun hinweg gute Ratschläge durch deutlich vernehmbares Fachgesimpel verabreichend; wie sich die Nachbarschaft überhaupt versammelt, um Anteil zu nehmen und zum Gespräch über Ostwind, Markenlacke, den Fortgang der Emanzipation der Frau (Ertüchtigung nennt es einer), über DIN-Normen und deren Abwesenheit im Rohbau der 50er Jahre, Sonnenschutzmittel für Kinder und Erwachsene, die Genießbarkeit von Filterkaffee und Spargel aus Griechenland (EM! Rehhagel! Nein, diesmal nicht. Obwohl der Vorname Otto unter Fußballtrainern ja einen gewissen Bonus verheißt. Ach nein, Ottmar heißt ja der andere. Und kleine Kinder heißen heute übrigens auch schon so.) sowie über die Frage, ob Kaninchen dressierbar seien; ein Grill wird herbeigeschleppt, befüllt und mittels geheimer Chemikalien, mit denen umzugehen nach allgemeinem Konsens dann doch nur Männern ansteht, in Glut versetzt; Gott schickt seinen Bastlerengel, der größere Verletzungen verhüte, sowie etliche Lernengel, damit sie Einblick bekämen in eine typische Gefahrenlage an einem heißen Nachmittag am Rande einer großen Stadt; der Heimwerker werkt und sinniert derweil zunächst ein wenig über die Interdependenzen zwischen Sicherheit und Öffentlichkeit in sozialen Netzen, bald aber über nichts weiter als die Allgültigkeit der wunderbaren Pareto-Regel und dass bei jeglichem Tun ein Rhythmus entsteht, immer, ein Rhythmus, der Leben retten kann) - noch schöner, allerdings erheblich schöner ist nur ein Tag an der See mit dem Liebsten, was man hat, am Vormittag schon mit den Füßen im Wasser einen langen Weg zurücklegend, nach einer zweistündigen, im dämmrigen Zimmer verwühlten Mittagsruhe, die ihren Namen nicht verdient, das Gleiche noch einmal, viele Schritte, Wasser oder Land zur Wahl, dann ein einfaches Abendessen in allerruhigster Umgebung (heller Fisch, heller Wein, heller Blick), kaum ein Wort der Nachbartische vernehmend, kaum selbst ein schweres Wort sprechend, die lange Nacht empfangend und alle Geschenke, die sie dem macht, der sich beschenken lässt.
[Vesper]
... anzeigen
(0 Kommentare)
... kommentieren