Dienstag, 22. Juli 2008

Die Farbe des Tages
Das "back" im Titel ließ ja auf interessante Antworten zu nie gestellten Fragen schließen, aber es ist hier wohl eher reimdoofer Marketinganspruch denn kunsthistorische Relevanz zu vermuten, wenn das schönste umgebaute Gründerzeit-Schwimmbad weit und breit mit dem Slogan "Back to black" zu einer Ausstellung lockt, die - das trifft zu - ganz dem Schwarz gewidmet ist. Nicht umsonst fordern (ungewöhnlich für eine Institution, die von Museumsnewbies eher nicht frequentiert wird) Schilder dazu auf, die Ausstellungsstücke nicht zu berühren, denn wo der Mensch nichts sieht, da will er zufassen. Die Hand zuckt immer wieder hervor, will die Strukturen erfühlen, denn das Hirn mag zunächst nichts sagen zu nur schwarz.

Strukturen also, soweit das Auge nichts sieht und die Hand nichts spüren darf. Oder doch Farbtupfer, denn irgendwoher muss der Inhalt ja kommen. Höhepunkt der ganzen düsteren Versammlung ist eine nur ca. 20 mal 30 Quadratzentimeter große Leinwand, die mit waagrechten Pinselstrichen schwarz bemalt ist: "Landscape with Tree and House" von Rafal Bujnowski. Er hat ja gar nichts an, ist man versucht zu denken - daneben ein Grundig-Fernseher, schwarz natürlich, der die Entstehung des Bildes in einem Video dokumentiert: Scherenschnittartig hebt sich eine Landscape with Tree and House von einem weißen Nachthimmel ab, im Gegenlicht ganz offensichtlich, ein paar waagrechte Wolkenschlieren deuten windigen Himmel an. Von links kommt immer wieder die Hand des Malers ins Bild, und mit kratzendem Borstenstrich lässt er es Nacht werden. Wolken ziehen auf, der schmale helle Streifen über dem Horizont wird immer schmaler, und schließlich: Schwarz. Schwarz wie die Nacht, aber man weiß von Haus und Baum. Großartig.

Florian Süßmayr hat die Frechheit, in die Stapfen des großen Gerhard Richter zu treten, und er macht es gut. Ein anderer malt viermal das gleiche schwarze Bild, grob mit dicken Batzen Öls übersät und gibt ihm viermal einen anderen Namen - fertig ist die Kunscht. (Das sollte man mal auf Bloggisch machen: Zu Mehreren einen abstrakt dahergeschwafelten Text entwerfen in "Ich packe meinen Koffer"-Art und das Ergebnis dann auf drei veröffentlichen, jeder mit einer Überschrift, die seine Genialität so richtig zur Geltung kommen lässt - ohhhhh!). Völlig überschätzt, wie immer: Jonathan Meese. Nunja.

Ein schwarzer Tag, und bekanntlich hilft es ja gelegentlich, mit Gleichem dagegenzuhalten. Auf dass die Farbe wiederkomme.

Back to black, Kestnergesellschaft, Goseriede 11, 30159 Hannover, noch bis zum 10. August.

 
Liebe Frau Horen,

in Würdigung Ihrer Unterstützung und zur Erbauung, sende ich Ihnen mein kleines Schwarzes:



Ich nenne es: Die Weisssicht des Pessimisten

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Den Rahmen finde ich allerliebst, darauf ist heute noch keiner gekommen. Und wissen Sie was? Wenn man ordentlich Schweinwerferlicht draufrichtet, dann spiegelt das wirklich weiß! Sogar für Pessimisten.

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Ich bin halt ein Künstler.;-)

Und: Sie werden doch ein solch tolles Exponat nicht verwerflichen, schon gar nicht mit Schein, wenn er auch noch so schön ist...;-)))

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Na, nichts gegen schönen Schein, Herr Cabman. Jedes kleine Schwarze bedient doch genau die Sehnsucht nach demselben, oder sehen Sie das anders?

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Nein. Natürlich nicht. Schliesse mich voll und ganz Ihnen an.

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Der Tagesspiegel kommt übrigens am 29.7.2008 - o Wunder - zu einer ganz ähnlichen Beschreibung der Dinge. Schön, Tagesspiegel.

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