Sonntag, 27. September 2009

Programmkino
Diese dauernden Wiederholungen nerven ja schon sehr. Déjà-vus sind entweder langweilig, man kennt das schon, oder sie quälen einen nicht nur akut sondern auch noch mit der Erinnerung an durchlebte Furcht und unheilbaren Kummer - wer will das schon. Dass ältere Menschen gerne das haben, was sie schon kennen, das mag für die tägliche Kaffeetasse und das Handtuch für die Füße gelten, aber nicht für die lebensabendfüllende Unterhaltung. Du lieber Herre Gott, bitte tu das doch deinen Gebührenzahlern nicht an, immer denselben Film abzuspielen. Es gibt doch so schöne Geschichten.
Also ich mag ja gerne französisch. Es soll in einer großen Stadt spielen, mit viel Verkehr, laut ist es da und es gibt Hauseingänge zum Knutschen und Parks mit Spielplatzbänken, und er holt sie immer mit dem Motorroller ab. Sie hat einen Arm fest um seinen Körper gelegt, mit dem anderen drückt sie die Tasche an sich, in der Lippenstift sein müsste, aber es ist keiner drin, denn sie kann Lippenstift, aber wirklich wichtig ist es nicht, und das nicht wirklich Wichtige vergisst sie leicht. Man weiß nicht, wohin sie fahren, vielleicht besuchen sie einen seiner Freunde, seinen besten, den mit dem schweren Unfall vor Jahren, oder er zeigt ihr ein Vogelnest in der Nähe einer Kathedrale oder sie müssen auch mal wieder arbeiten, jeder seins. Dann plötzlich Stille, der Lärm tritt zurück, und sie frühstücken im Bett, sie haben nur Kaffee und ein Hörnchen, das sie sich teilen, und man sieht sie beide sehr glücklich, wenn auch - man ahnt es - aus unterschiedlichen Gründen, aber das macht nichts, das ahnt man auch. Das Fenster ist offen, daher kommt der ferne Lärm, die Sonne scheint satt auf die Holzdielen und auf das Bett, das natürlich weiß bezogen ist, der Vorhang bläht sich leicht, und das alles ist kein cineastischer Stimmungskniff, sondern feinste Symbolik. Kurz vor dem Abspann gehen sie in der Herbstsonne eine Allee entlang, daneben ein Flüsschen, beide sind sie weiß geworden, sie sehr zierlich, die Schultern noch magerer, das Herz aber ist groß geblieben, er noch immer stattlich, noch immer mit nichts als Flachs im Kopf, und er stützt sich auf sie, ganz leicht, wie es immer war. Mit der Stockspitze holt er eine Kastanie aus dem Laub, er hebt sie auf und gibt sie ihr, und man versteht nicht, was sie sprechen, denn es gehört ihnen ganz alleine.

Ich weiß, dass du sowas in deinem Fundus hast, Herr. Also: bitte.

 
Ach herrje, ist das (mal wieder) ein zauberhaftes Stückchen.

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Das freut mich aber - danke!

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Eric Rohmer?

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Meinen Sie? Hm. Ich würde ja gerne einem Jüngeren die Chance geben.

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