Montag, 14. Dezember 2009

Lupus
Er hat im Laufe des Sommers ein altes Haus mit zweimal 90 m2 grundsaniert ohne Protz und Quatsch, aber mit seiner Arme Kraft und der Geschicklichkeit eines klugen Kopfes, hat unterm Dach die Balken gebeizt und eine oval-elegante tiefe Wanne mittenhinein gestellt, er hat einen jungen Kirschbaum auf dem verwahrlosten Gänseblümchenrasen gepflanzt, er ist der drahthabende Konrektor einer Brennpunkthauptschule, er kann Blockflöte spielen und E-Gitarre bis nach Köln und er fährt einen alten Saab. Auf den Hochzeitsfotos ist er ein schöner Mann, der mütterlichen Tränen würdig, begabt mit dem Charme seines frauentraumartigen alten Vaters und mit dem Sinn aller Franken für Treu und Redlichkeit. Die Braut anmutig und rosenrot und zierlich wie ein Brieföffner. Der Adventskalender mit den Schnapsminis, den sie ihm geschickt hat in diesem Jahr, er hat einen Ehrenplatz auf einem balinesischen Tischchen neben dem Chefsessel, Kerze dabei und ein übervoller Aschenbecher. Er hat sie vor Jahren verloren, die Liebe seines Lebens, die Mutter seiner nicht geborenen Kinder, verloren an eine Frau. Sie wohnt nur zwei Täler weiter und er kann nicht aufhören, von ihr zu sprechen.

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