Mittwoch, 27. Februar 2013

Ein feste Burg
An dem Tag, an dem ich zwölfeinhalb Jahre alt wurde, fuhren wir wie an jedem Schultag mit dem Stadtbus nach Hause. Der Bus hieß Stadtbus, weil er nicht der Postbus war, wir lebten in einem insofern privilegierten Dorf, denn der Bus fuhr jede Stunde und nicht nur dreimal am Tag. Wir schlichen den steilen Berg hinauf, an dem im Winter die Autos mit Hinterradantrieb hängenblieben, krochen vorbei am Kindergarten "St. Marien" und an der Grundschule, die einfach nur Grundschule hieß, trugen unsere schweren ledernen Büchertaschen auf dem Rücken und quasselten müde über irgendwas. Wo die Steigung nachließ, bogen die beiden anderen links ab, sie wohnten im anderen Neubaugebiet, wo es schicke Bungalows mit dunklen glänzenden Fliesen im Wohnzimmer und mit Einliegerwohnungen mit reichen Omas darin gab, und ich ging weiter in die "Siedlung".

Ich hatte Geburtstag, und es war ein ganz besonderer. Rund konnten man ihn nicht nennen, aber ein Achtel Jahrhundert war eine gewisse Zeit, und ich empfand Bedeutung, die ich mir nicht erklären konnte, aber schon doch irgendwie. Ich bedauerte, dass ich an dem Tag, an dem ich ein Sechzehntel Jahrhundert alt geworden war, noch nicht in dieser Art hatte denken können, denn ich hätte das Gefühl damals gerne mit dem Gefühl verglichen, das mich schon den ganzen Vormittag so seltsam festlich gestimmt hatte. Ich konnte es niemandem erzählen, dass ich Geburtstag hatte, das war schon lange klar geworden, und was noch viel ärger war, ich konnte niemanden fragen, ob er ein Achtel Jahrhundert auch so viel toller fand als Zwölfeinhalb, und vor allem: warum. Es hatte etwas mit Zwei und Vier und Acht zu tun, soviel war klar, aber warum war das so schön? Warum war Drei und Neun und Siebenundzwanzig nicht so schön? Bestimmt, weil man 100 nicht durch Drei und ihre Verwandten teilen konnte. Durch Acht konnte man 100 aber genau betrachtet auch nicht besser teilen. Und was war an 100 so schön? Was hatten Nullen mit einem festlichen Gefühl zu tun?

Ich kam nach Hause, und wie jeden Tag stand genau um 13:55 Uhr ein Mittagessen mit kleinem Nachtisch fertig auf dem gedeckten Tisch, die Mutter legte nach dem Öffnen der Tür die Schürze ab, und man musste nur die Schuhe ordentlich ins Regal stellen und die Jacke an den Haken hängen und durfte sofort zum Essen kommen. Es gab wahrscheinlich Ripple mit Kraut oder Leber mit Apfel oder Fisch mit Reis und gekochtem Gemüse, und das war sehr gut so.

 
Ja, schön. Irgendwann begann ich mit der 1 und verdoppelte immer weiter. Das Lied kann ich bis 65536 auch dann noch singen, wenn ich aus tiefem Schlaf geweckt werde, so sehr hat mich das fasziniert. Ich ahnte ja nicht, dass die blöden Computer nicht anderes machen.

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Man möchte dem Geburtstagskind gratulieren, nachträglich, so schön ist das.
(Übrigens wird das Gefühl weniger festlich, je näher man der 100 kommt. Glaube ich. So ganz hab ich's noch nicht.)

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Vielen Dank, Ihnen beiden, Frau Ueblich und Herr Nnier! Für Ihre Treue, und für Ihre Freundlichkeit.

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