Dienstag, 10. Februar 2015
Beaux arts
Die Tür zum Lehrerzimmer stand immer offen, man durfte nicht hinein, aber irgendeiner, der in der großen Pause an der großen Fächerwand stand, sagte einem, der ist bei Frau Völkner. Da hatte man ein Problem. Die Tür zum Lehrerzimmer stand immer offen, aber Frau Völkners Tür war geschlossen. Einen Lehrer stört man nicht in seiner Pause. Wenn es dringend war, eine Unterschrift zu bekommen oder eine Strafarbeit abzugeben oder sich den Schlüssel zum Musikzimmer abzuholen, musste man hin. Das Klopfen hörte keiner, man öffnete die Tür und schaute nur mit dem Kopf hinein. Da saßen sie im warmen Dunst um den kleinen Besprechungstisch, hatten Tassen in der Hand und rauchten und waren guter Dinge. Im Hintergrund röchelte eine Kaffeemaschine, ganz hinten am Schreibtisch saß die Schulassistentin mit ihrer tonnigen Figur und den kleinen Löckchen und mit der Brille an einer Kette über dem Pullover. Diverse Fächer saßen hier eng zusammen und pafften und hatten die Beine übereinandergeschlagen, die sonst nur standen und ihren Platz in den Kästchen des Stundenplans hatten, da saßen sie und genossen die schlechte Luft und waren Freunde. Der, zu dem man wollte, stand garantiert mit noch zwei anderen hinten an die Registratur gelehnt und lachte gerade, und man musste ihnen nahekommen, wenn man sich durch die vielen Stühle quetschte, deren Beine beim Rücken metallen aneinander klirrten, und sie lächelten und machten Platz und nahmen noch einen Schluck. Man bekam den Schlüssel aus einer warmen Lehrerhosentasche und eine Ermahnung dazu.
Dann kam der Tag, an dem aus Pädagogen Kursleiter wurden, und dann kam der Tag, da musste man etwas besprechen, was einem zu fabrizieren aufgegeben war, und einer sagte, wann haben Sie eine Freistunde, kommen Sie ins Café Völkner. Da saßen sie und feierten ihr Gelehrtendasein bei einer Tasse Kaffee und die Maschine röchelte und die Luft war blau. Sie machten Platz und lächelten und Frau Völkner sagte, wollen Sie auch einen Kaffee, und ein Stuhl war noch frei am Besprechungstisch. Irgendwann traute man sich, mitzulachen, ließ sich aber nicht nachschenken.
Draußen war Frühling. Man war erwachsen, und es war wunderschön.
Dann kam der Tag, an dem aus Pädagogen Kursleiter wurden, und dann kam der Tag, da musste man etwas besprechen, was einem zu fabrizieren aufgegeben war, und einer sagte, wann haben Sie eine Freistunde, kommen Sie ins Café Völkner. Da saßen sie und feierten ihr Gelehrtendasein bei einer Tasse Kaffee und die Maschine röchelte und die Luft war blau. Sie machten Platz und lächelten und Frau Völkner sagte, wollen Sie auch einen Kaffee, und ein Stuhl war noch frei am Besprechungstisch. Irgendwann traute man sich, mitzulachen, ließ sich aber nicht nachschenken.
Draußen war Frühling. Man war erwachsen, und es war wunderschön.
[Vesper]
nuss,
12. Februar 2015, 10:40
So ein Text, den man, verkatert im Bett liegend, gleich vorlesen muss, weil er so schön ist, der Moment und das Erzählen davon.
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hora sexta,
12. Februar 2015, 18:10
Oh, vielen Dank! Das Vorlesen gehört nach neuesten Definitionen ja auch zu den schönen Künsten.
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