Vesper

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Dienstag, 4. August 2009
Im Fieber
Die Füße sind auf der anderen Straßenseite. Vor dem Fenster schlägt jemand Sahne mit dem Schneebesen. Wände kippen. Blau wird zu Grün. Das Gestern schließt immer wieder die verschlossene Tür. Irren im trockenen Schwarz eines geweiteten Körpers. Unendlichkeit now.

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Sonntag, 2. August 2009
Sommernachthimmel
Verstohlen geht der Mond auf,
blau, blau Blümelein.

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Sommernacht, nachbarlich
Nebenan, im Gärtchen, die alljährliche Akkordeon-Party. Nein, Schifferklavier, das ist das Wort! Ein Gartenklavier! Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad, there is plenty of gold bei uns in Tirol. Ich muss mich schnell hinter den Busch setzen und mitschüttern. Pflücke die Rose, eh sie verblüht, schwarze Rose vom Wörthersee!

Donnerstag, 30. Juli 2009
Kreise, Freuden. Wünsche.
Ein schmal passendes Kleid, genügend Decke über den Schultern nachts, eine Aussicht so hell und mild wie der Fleck aus Laternenlicht an der Wand (unscharf, halb auf das geliebte Bild fallend, unerschütterlich), ein Treffen unten an der Treppe mit halbem Lächeln und ganzer Lust, Silber um den Hals, aufgespulte Kilometer eng gelegt, Bellagio, BWV 1009.

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Dienstag, 28. Juli 2009
Rosenhimmel, Mond aus Glas

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Antrag auf Pflegestufe 0,3
Anhang IV: Amtl. Begutachtung
Pat. zeigt rezidivierende Synkopen bei einfachen Verrichtungen der Körperpflege und der altersgemäßen Selbstversorgung mit Kleidung und Nahrungsmitteln (exempl.: Verbrennungen ersten Grades wg. Heißduschens, Verwendung von Haargel als Badezusatz, unsichere Handhabung von mnemotechnischen Hilfsmitteln bei der morgendl. rsp. abendl. Medikation, grobmot. Unsicherheiten beim Schütten trockener Lebensmittel, wiederholte Selbstverletzung beim Umgang mit Messern in Zusammenh. mit der Zubereitung von Lebensmitteln); Zeichen beginnender seniler Kachexie mit ungenügender Thermoregulation; Verd. a. Paramnesie, manifeste Konfabulationen.

Empf.: regelm. subsid. Visitation durch geeign. Personal zur Stabilisierung der Aequilibritatis interioris.

gez. Dr. Hans von K.
(nach Diktat gestolpert)

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Sonntag, 26. Juli 2009
Erbarmen
Sie springt ungeduscht vom Fünfer und sagt, das musst du aber nicht.
Da bin ich aber froh.

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Donnerstag, 23. Juli 2009
Hegel für Mädchen
Ich habe meinen Kaffee noch nicht umgerührt, da sagt er das Wort, das Wort, das ich die ganze Zeit denke, und ich muss die Augen schließen, um der heißen Zärtlichkeit den Ausgang zu versperren. Es ist also auch hier, das Wort, und in einem Moment des rettungslosen Erschreckens entscheide ich mich für den Panzer und gegen den Verlust meiner Haut.

Dann gibt es neue Wörter: "trockenstellen" und "Milchsäuregärung" (nicht ganz neu, aber eingestaubt gewesen) und "nachlaufende Zwillingsachse". Der sekundenkurze Genuss, einen neben sich zu haben, der ruckzuck alles auf Mädchenmaße einzustellen weiß, macht mich sehr weich für einen Moment.

Hier sehe ich ihn wieder, den ich vor drei Jahren verloren habe. Zusammengerollt schläft er auf einem Heuballen, und die Fliegen, die sich auf seinem schwarzen Fell wärmen, sie stören ihn nicht. Wie schön, dass es dir hier gut geht, mein Kat.

Später läuft mir der Regen von den Haaren in den Kragen und von den Bäumen in die Schuhe, und es wird Tage dauern, bis alles wieder trocken ist. Das Schlösschen in der spitzen Kehre mit seinen haushohen Rosenstöcken habe ich gesehen, aber die finstere Höhle nicht.

Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus.

*

Wie nennt man das, wenn ein Mann das ist, was man, wäre er eine Frau, ein Juwel nennen würde? Man nennt es einen Edelstein. Der Mann ist ein Edelstein, und das Mädchen, das ihn aufhebt (aufhebt, hörst du, Mädchen?, nicht: "sich aus der Vitrine geben lässt", und auch nicht: "mit der Schuhspitze vor sich her schussert"), das Mädchen, das ihn aufhebt, wird weinen müssen, aber sich sorgen müssen nicht.

*

Auf der Ruine ist niemand. Huflattich und Löwenzahn quietschen unter meinen Sohlen im dreieckigen Hof, eine hölzerne Tür schwingt im Wind, der den Nieselregen über die Kuppe fegt, und in den romanischen Fensterhöhlen brüten Vögel. Große, farbig glasierte, mit figürlichen Reliefs belegte Kachelscherben zeugen davon, dass sie es schön und vielleicht sogar ein bisschen warm hier hatten. Regen setzt ein, und zum zweiten Mal werde ich nass bis auf die Haut.

*

Ich möchte so gern nach Westen fahren, und dann noch ein Stück nach Süden, nur zwei Stunden und ich wäre da, so nah bin ich dran. Aber ich fahre nach Norden, und dann noch ein Stück nach Osten, und nie hat ein Autobahnkreuz so
Ach -

*

Sie empfangen mich in ihrem "türkischen Zimmer", das sie eingerichtet haben nach ihrer Rückkehr aus Istanbul, nach vielen Jahren an der Deutschen Schule dort. In Valencia waren sie später auch und haben dort ihre Kinder verloren, die einfach dageblieben sind und in Spanien Beruf und Familie ergriffen haben. Er allein hat damals die junge Kollegin angesehen, die ihre Pausen statt im Klassenraum im Lehrerzimmer verbrachte als einzige der Honorarkräfte, und Ansehen und Adoption waren für ihn eins. Auch heute sieht er mich noch an, und mittenhinein. Alt sind sie geworden: zwei schöne Alte, die ihr Haus offenhalten.

*

Ich wähle den Weg mit dem größten Reiz, den, über dem das Gestrüpp zusammenschlägt. Keine Karte dabei, und ich vertraue mich ganz dem blauen Kreuz auf weißem Grund und der Sorgfalt des örtlichen Wandervereins an. Regennasse Kamille und luftige Gräserblüten kühlen meine Knöchel, ein schwarzer Schmetterling lässt sich auf meine Schulter herab. Die Arme über den Kopf gehoben lasse ich die Brennnesseln an meinen Hüften lecken. An einem betrieblosen Flugplatz vorbei führt der Weg, dann hinter einem Tierheim entlang, es bellen die Hunde, es rasseln die Ketten. Süß schmeckt der Mais, den ich mir breche, und wie ich den Strunk mit Schwung in die Landschaft pfeffere, wollen alle Fragen mit, aber das geht natürlich nicht. In den Farben der Fürsten: grün und golden changiert der Weizen, an den Rändern mit dem Blut des Mohns besprenkelt. Schwarzgrau bewölkt und tief der Himmel. "Ich bin älter als du", sagt der Schachtelhalm, "dafür kann ich singen", pariere ich, und wir plaudern noch ein Weilchen darüber, was für ein duftes Ding doch die Höhere Gerechtigkeit sei. Regen setzt ein, und zum dritten Mal werde ich nass bis auf die Haut.

*

Wie wollt' ich dich grüßen.

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Freitag, 17. Juli 2009
Kleines Gepäck
So. Wochenlang fremde Hasen versorgt, und jetzt!, gleich, in diesem Moment quasi fahre ich mein eigenes Häschen füttern, das geht hier mal ohne mich, und der Kloß kommt natürlich mit. Sollte es regnen, ist es recht, dann nehm ich die Brille eben ab, ich brauch sie dort vielleicht nicht, und bisschen Feuchtigkeit macht bekanntlich bisschen Locken. Sitz, Freude, und lass dich angurten. Fragen alle nach hinten. Abfahrt. Hoch Kohlenstoff!

Freitag, 10. Juli 2009
Fleuchen
Abends singt sie noch schöner als die Amsel, eleganter, höher, sie sagt alles zweimal, zweimal, und morgens schaut die Singdrossel mich entsetzt an, wenn ich vor die Tür trete, und verschwindet in den Büschen. Die Heckenbraunelle schaut mich gar nicht an, aber sie rennt schnell, wenn ich vor die Tür trete. Der Schwalbenschwanz, dem ein halber Flügel fehlt, er bleibt. Tagpfauenaugen überall.

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