Samstag, 6. Dezember 2008
Ja, ich weine um das verlorene Äußerste, um den wahrlich aufregenden Gedanken, dass dieses Äußerste noch nicht das Äußerste sei, um eine ungekannte Freude, um verlorenen Mut, um das Ungeheuerliche, was simply das Leben hätte heißen können, um die verlorene Furchtlosigkeit, um die Neugierde auf einen jungen Menschen, um das Geschenk des Irreseins, der zärtlichen Fürsorge, der Heiterkeit, der Lust.

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Freitag, 5. Dezember 2008
Strich, Beton, Salz

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Montag, 1. Dezember 2008
Noch ein Bedauern
"Kunst und Wissenschaft und Eros: des Menschen Reichtum"

Die letzte Sonntagspredigt eines vortrefflichen Pastors. Gesegneten Ruhestand, verehrter Herr P., und bitte denken Sie daran, dass Sie mit der Entpflichtung die Erlaubnis zur Predigt nicht verloren haben.
Ihr Schäfchen

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Samstag, 29. November 2008
Den Monden und die Sterne, die du bereitest
Nun also wieder Advent, morgen geht's los, heute schon mal der Aufruf, die Tore weit zu machen. Erst will der Weihnachtsmarkt durchquert werden wie ein hindernisreicher Sagenwald voll gruselnder Zauberknechte, die ihre Arme ausstrecken und locken mit duftenden Rauschmitteln und bimmelndem Lichterspiel, dann durch die Seitentür eintreten in den rotsteinernen hohen Raum. Dort 850 g Papier virtuos auf dem rechten Arm balancieren, stundenlang, zwischendurch den Stapel umordnen auf dem Weg zu einem anderen Platz und keins der kostbaren Papiere darf hinunterfallen, da gibt es eine Ritze in den Stufen, in die schon manch gedrucktes Kulturgut unwiederbringlich hinabgesegelt ist in sein steinernes Grab; nach dem Untergang der Welt werden fremdartige Wesen im Schutt der Kirche die verschlüsselten Botschaften einer versunkenen Kultur wiederfinden und nicht lesen können.

Sich prügeln lassen müssen für die zu hohe Quinte der nervösen Kollegin - diskutieren hilft da nichts, da heißt es sich obertonarm mit dem Tenor verbünden, damit die falsche Quinte dann doch noch verkauft werden kann als "glockiger Ton". Sopräne dürfen alles - Hosianna in der Höhe. Ein Alt muss gut aussehen, man hört ihn sowieso nicht (noch Schuhe putzen und das zwanzigstereihetaugliche Lippenrot einpacken).

Gleich nach dem Schimpfen kommt dann aber die Seligkeit, nach den Worten der Alten zu singen mit Jauchzen und Frohlocken. Zwei Zinken dabei, die leichtfüßig daherdudeln wie Blockflöten - großartig, wer schonmal gezinkt hat, weiß, dass dieses Instrument eigentlich gar keinen definierbaren Ton von sich gibt, da kann man reinpusten wie man will, und dann platzt auch gleich die Halsschlagader oder die Augäpfel fallen raus, da muss man vorsichtig sein.

Mein Kraftrad hält ewig, Vater. Und verleihe immerdar Friesen, das muss heute ohne Gelächter abgehen.

Freitag, 28. November 2008
Klage
Älterwerden, das heißt doch immer, etwas zum letzten Mal erlebt zu haben; Dummheiten und überspannte Albernheiten waren das früher, und sie durften mit einem verschämten Biss auf die lächelnde Unterlippe zurückgelassen werden, und so war es gut; doch nun folgen große Feste, preziöse Momente des Verstandenwerdens und der schönsten Freude, Momente, die auch mit Anstrengung und Mut und Caprice sich nicht mehr locken lassen. Der Zement, aus dem ein Menschenleben lange sich formen lässt, er zieht nun rasch an, und wer noch einen Fußabdruck hineinsetzt, entfernt sich rasch und rettet auch seinen Stiefel: ein Schnörkel immerhin im Gästebuch, in dem ich abends lesen kann, solange die Augen es noch mitmachen. Und zittriger bin ich geworden und schwerer fällt zu verstehen, was man mir sagen will.

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