Sonntag, 12. Juli 2009
Kein Mathe in der Nacht!
Was ich keinesfalls empfehlen kann, ist, in der Nacht Dinge zu denken wie die, dass jeder Kreis, dessen Radius um einen Meter vergrößert wird, dadurch im Umfang ziemlich genau 6,28 m gewinnt. Easy, werden Sie sagen, das gibt ja die Formel U=2·r·Π sofort her (und Sie erkennen sogleich, dass ich Π der Einfachheit halber mit 3,14 angesetzt habe), was sollte mich daran um den Schlaf bringen? Ich sag es Ihnen: Wenn Sie dort, wo Sie jetzt gerade sind, loslaufen, einmal um die ganze Erde, dann brauchen Sie für die gut 40.000 km bei einer nicht zu lahmen Gehgeschwindigkeit von, sagen wir, 6 km pro Stunde etwa 278 volle Tage, an denen Sie jeweils 24 Stunden gehen, ohne anzuhalten. Wenn Sie heute losgehen, kommen Sie am 15. April 2010 zurück, anders ausgedrückt. Und wenn Sie sich dann ein wenig ausgeruht haben, und noch einmal loslaufen, aber diesmal sind Sie vor Vorfreude auf diese wunderbare Reise und vor lauter gewonnener Fitness so high, dass Sie einen Meter (einen ganzen Meter, das ist bis zu Ihren Rippen, etwa) über dem Boden gehen, dann ist Ihr Weg nur 6,28 m länger als beim ersten Mal. Ich kann da nicht schlafen. Sie?

Freitag, 10. Juli 2009
Fleuchen
Abends singt sie noch schöner als die Amsel, eleganter, höher, sie sagt alles zweimal, zweimal, und morgens schaut die Singdrossel mich entsetzt an, wenn ich vor die Tür trete, und verschwindet in den Büschen. Die Heckenbraunelle schaut mich gar nicht an, aber sie rennt schnell, wenn ich vor die Tür trete. Der Schwalbenschwanz, dem ein halber Flügel fehlt, er bleibt. Tagpfauenaugen überall.

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Du und ganz
Warum ein anderer werden? Sei nur du und sei es ganz, und es ist schwer und genug: du und ganz. Wie anders willst du froh und ruhig sein, wie eine Freude dir selbst und denen die dich lieben?

Warum ein anderer werden? Nicht! Bleib...

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Donnerstag, 9. Juli 2009
Toter kleiner Saurier, du hattest schon Federchen. Leicht bist du und zerbrochen. Kannst hier bleiben, keine Sorge. Sei mein Gast unter den Bäumen.

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Dienstag, 7. Juli 2009
Clavir Ubung
Ein sehr schönes Stück vom Trinken ist Bachs Partita a-moll, BWV 827. Entweder man ist leicht betütert, oder ebe nnicht, dann kann man ja erstmal zuschaun. Das esrste Stück lässt sich gerne beim Erzählen zuhören. Erzählt wird viel von früher, von Mädchen, und es sprcht langsam, das erste Stück, so MM=76 für die Achtel ist sehr zu empfehlen, dann kommt man auch mit, und es ist nicht schwer, man muss nichts gewöhnt sein, ein leichtes Stück eigentlich, und das erzählt und man nickt gelegentlich, und am Ende lacht es ganz grässlich, weil die Geschichte dann doch ziemlich schmutzig wird, aber spielen müssen Sie es schon selbst, das kann ich hier nicht alles wiedergeben. Die Story ist ein bisschen traurig, aber irgendwie sehr... na, schön halt, und gerade als man denkt, das könnt ich mir germ nochmal erzählen lassen, da steht da das Wiederholungszeichen am Ende, und dann fängt dieses schon leicht angeschickerte Stück nochmal von vorne an mit dieser schnönen Geschichte von dem Mädchen, das Fantasia hieß. Im zwieten Satz hat der Meister die Anweisung "Finger liegen lassen, wo es möglich ist, macht nichts" vergessen. Statt dessen müht er sich ab, alle möglichen Noten zu punktieren und mit sorgfätlig gemalten Bindebötgen zusammenzuhängen, das hätt er sich sparen können, einfach noch einen Schluck nehmen und die Finger machen lassen, macht wirklich nichts, wenn das so ein wenig schlampige Soße wird (Klavierlehrer mal weghören) und allemand ist hier jedenfalls das mit den Wurstfingern, die so genau und gelahrt tun, aber es sind doch Handwerkerpfoten. Die Corrente ist dann wie immer schon ziemlich schwer zu spieln und weiß auch wie immer nicht ob sie ein Zweier oder ein Dreier sein will, Correnten mag ich nicht, ernstes Zeug und ein Getue immer und ach, aber zum Wohl, jeder darf hier dabeisein. Jetzt wird getanzt. Die Sarabande zeigt erst wie's geht und dann darf auch Oppa mittanzen und es geht ganz gut, und im zweiten Teil hat er's richtig kapiert und hört gar nicht mehr auf hier durch den Saal zu stolpern, Mensch Oppa, setz dich wieder hin, hier, das war dein Glas, ja. Aufgepasst, jetzt wird Burlesca gemacht, macht mal einen Kreis, ja nee, die Flasche könnt ihr mitnehmen, oder ok, das ist auch gut, ein paar Stühle aus dem Weg, aber zwei stehen lassen, damit die Karawane auch über den Tisch ziehen kann, auf und nieder, und neinnein, Sie haben sich nicht um eine Hilfslinie verlsen wi edas sonst immer ist, wenn das so Unisono in beidne Händn geht, das ist Absicht, und das macht der Johann nur zu ganz besonderen Anlässen, so ein "und jetzt alle". Das Scherzo verträgt wohl nicht viel, das weiß nichtmal mehr, wo seine Tatkstriche sind und worfür und greift da am Ende Akkorde, naja, heute mal, aber so macht man das normalerweinse nicht, aber ich find das ja immer rreizvoll wenn so ein Ding so überschnappt, ich mag das, und dich auch, du, du bis mein besster Freund. Küssmich. Und lass uns die Gigue draußen hören, da ist die Luft kühl, und dann gehen wir noch ein bisschen, ja? Schon ganz schön spät. Das ist schön, dass du mich noch zur Haltestelle bringst, nein, ich fürcht mich nicht. Gute Nacht.

Montag, 6. Juli 2009
Enchantée
Jedes Jahr ist mein Platz auf dem Liegestuhl mit der Hochlehnerauflage drauf, damit die Zwischenräume zwischen den Hölzern nicht so gegen die Wirbel drücken. "Letztes Jahr war das auch deiner", sagt eine Frau, und sie werden sich an mich erinnern als diejenige, die immer den Liegestuhl nahm statt sich an den Tisch zu setzen. Rasselarmreifen die Damen, Flipflops die Herren. Schmuckprospekte werden herumgereicht, Hundeschurtelefonnummern, und als wir letztes Jahr in Spanien waren. Der Kleinste kommt mit "Mau" (er ist heute die Babykatze Steffi), und ich darf ihn mal streicheln und bitte ihn, mir ein Kissen zu besorgen, das er zwischen den Zähnen apportiert und dabei hoppelt er wie ein Frosch. Später wird er mir seine Autokiste durcherklären, sein Lieblingsauto ist ein ultramarinblauer Cadillac, weil der "nicht für Familie" ist. Als die Sonne verschwindet, kommt der Kreis von hinterm Haus nach vorne, sie bringen ihre Stühle mit und sitzen auf Motorradhockern, und sie bauen ihren neuen Kreis an meinen Liegestuhl an und sprechen mit mir. Später hole ich mir Kirschen und sage, ich gehe jetzt.

Die Tür ist angelehnt, verboten steht daran, aber nachts doch wohl nicht, da ist vieles nicht verboten. Mit dem Fahrrad über die 400-m-Bahn im Lichtschein Mondflut, dreimal, viermal. Gummiknetern unter den Schwalbenschlappen, eine Kurvenlage wie auf dem Neptun, und das Zwitschern der Bewässerung nässt meine Schultern bei 250 m, etwa. Tz tz tz rufe ich zurück, und sieh herab, guter Gott, ich nehm dich auch ein Ründchen mit auf dem Gepäckträger.

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