Vesper

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Montag, 19. Oktober 2009
You just call out my name and I'll come running
Meine liebste Kollegin wird in den nächsten Tagen kündigen. Wir haben 13 Jahre lang zusammengearbeitet und zusammen gearbeitet, zu Anfang an denselben Themen, seit Jahren aber mit unterschiedlichen Aufgaben, und zuletzt haben wir einander blind und ohne Absprache vertreten können, auch ohne detaillierte inhaltliche Kenntnis der Dinge. Wir haben einander das getan, was gemeinhin "Führung" genannt wird (aber oft dort nicht stattfindet, wo es die vornehmste Aufgabe wäre), haben einander gestützt, beraten und kritisiert, haben einander zugehört und denken geholfen, und unsere Stärken und Schwächen griffen ineinander wie Zahnräder. Unseren privaten Kontakt haben wir sparsam und vorsichtig dosiert, haben gemeinsam getischlert und renoviert und einander begleitet bei den Großereignissen eines Frauenlebens. Wenn eine weinen musste, konnte die andere zusehen und ruhig bleiben und hinterher noch ein paar Leute abfangen, bis Stimme und Kopf wieder ruhig waren. Sie wird nun kündigen und wird ihren Platz frei machen, sobald es möglich ist.

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Samstag, 17. Oktober 2009
Draußen 4 Grad
Alles, was das Jahr trieb, ist abgeschnitten und zur Deponie gebracht, das Gartenmöbel abgerieben und für den Winter verstaut, der Sonnenschirm eingeholt und in seiner Persenning zur Winterruhe gebracht. Dicke Vögel holen die schrumpeligen letzten, vollsüßen Trauben. Quittensaft macht strumpfige Trübungen im Tee, die Briefe des Spätsommers liegen in ihren Schubladen und seufzen selig im Halbschlaf. Handschuhe, eine Mütze über alle Blößen, und einen Schal um den Mund, so soll es sein.

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danebenlieben

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Freitag, 16. Oktober 2009
Wochenschau
Die Welt als Unwille und Verstellung.

*

Das Buch: Die Umschlaggestaltung ist von der billigsten Sorte (ein Verlag, der schon einen irreführend albernen Namen hat, sollte sich zumindest fähige Grafiker leisten), aber es stehen unterhaltsame und anregende Sachen darin. Es kommt nicht in den öffentlichen Bücherschrank, schon weil ich vorne etwas hineingedacht habe: Überreicht von R., der etwas vergessen hat.

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Sie zwingt mein Leben herunter, aber nur das.

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[...]

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Du trägst deinen schönsten Schlüpfer, und der Kerl hilft dir nicht einmal aus dem Mantel.

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Ich wurde neulich gefragt, woher ich das Benediktinerkloster allhier kennte, von innen. Ein Bekannter von mir hat einen der fratrum geheiratet. Beide sind gern gesehene Gäste dort und laden auch andere Leute dorthin ein, zur Andacht und zum Musikmachen. Daher kenne ich das Benediktinerkloster allhier, von innen.

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Ein schönes Wort, und dass ihm so etwas Lächerliches anhaftet, etwas Unreifes, Törichtes, das schmerzt.

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Die Post bringt keinen Brief für dich,
was drängst du denn so wunderlich,
mein Herz?


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Wiedersehn. Kommt gut nach Hause und danke für den Besuch.

Samstag, 10. Oktober 2009
Freie und Hansestadt
Es ist schön, hinzufahren und am Bahnhof schon erwartet zu werden. Ein kleines Mittagessen zu genießen mit einem, der einen seltenen, glücklicherweise unkorrigierten Visus in der Brust hat. Ans Wasser zu gehen, am Wasser zu gehen, kilometerlang. Aufs Wasser zu schauen und mit einem zu sprechen, der Rücken und Herz hat. Den Schwan beim Namen zu nennen und denen zuzusehen, deren Schultern sich beim Sprechen berühren. In Orgel fünf Platz Minuten mitten Musik zu nehmen. Schließlich mit dem letzten Zug zurückzukommen, betrachtet und gespeist, mit Stadtsonne in den Haaren und mit müden Füßen, das ist schön.

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Dienstag, 6. Oktober 2009
nichts, und Regen

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Donnerstag, 1. Oktober 2009
Chez moi
Morgen acht am Tisch. Leinen, Leuchter, Leckereien. Lachen, Frotzeln, Debattieren; Umarmungen und Küsse, und nach ihnen wird die Nacht kommen.

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Corona
Aus der Hand frißt der Herbst mir sein Blatt: wir sind Freunde.
Wir schälen die Zeit aus den Nüssen und lehren sie gehn:
die Zeit kehrt zurück in die Schale.

Im Spiegel ist Sonntag,
im Traum wird geschlafen,
der Mund redet wahr.

[...]
Paul Celan
aus: Mohn und Gedächtnis

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Freitag, 25. September 2009
Sternchen sehen
Um dem besorgniserregenden Eindruck zu begegnen, dass hier alles nur erfunden sein könnte: Die geklaute Sonnenblume ist aufgegangen. Und auch sonst ist vieles richtig so.

Klavierstimmung
Auf 440 Hz justiert und alles ein wenig poliert und ausgesaugt, das Quietschen beseitigt, mit Haarlack gefestigt, wo es dumpf zu werden drohte, ein wenig hier gestochen und ein wenig dort gedreht: eine geschaffene Ordnung, die alles möglich macht. Schwimmendes Rauschen, zierliches Klingeln, verborgene Linien, verschlungene Themen. Die alte Dame ist nun wieder aufs eleganteste frisiert. Heute große Ausfahrt mit offenem Verdeck.

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