Vesper

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Montag, 16. Dezember 2013
Mehr, trunken
Die 9. Sinfonie von Beethoven, gestern zum ersten Mal live und in ganzer Länge gehört, klingt noch nach. In Bremen sind ein fähiges Orchester und ein fähiger Dirigent am Werk, und das Publikum mag sie schon, bevor sie einen Ton gespielt haben, wahrscheinlich, weil sie schon so oft zuvor Töne gespielt haben, die das Publikum auch mochte. Ein Tenor, der sich so offensichtlich an seiner Partie freute. Kein Geschrei! Der Chor, der mal meiner war, und es war mehr Herzklopfen als wenn ich selbst oben gestanden hätte. Im Programmheft ein Bild, auf dem ich noch zu sehen bin. Stolz und so voll Frieden, aufgehört zu haben, satt und voller Erinnerungen.

Schöner Götterfunken ein Genitiv, anders geht es nicht, immer schon. Dem Komma die Stirn runzeln.

Gehaltserhöhung, außertariflich, und ein Foto des Mondes vom letzten Mittwoch. Könnte sein, dass ich es einfach dort zu Ende gehen lasse. Die Aktuarsausbildung lachte mich so an in den letzten Wochen, aber wie oft will ich noch der Frischling, das Newbie, der Einsteiger sein? Bis das Gehalt dann in die richtigen Aktuarshöhen steigt, kann ich anfangen, mich auf die Altersteilzeit einzustellen. Jeden Tag dauert das Leben lang, und nun fehlen die Jahre. Na gut.

Wo steht das Klavier? Auf der anderen Seite. Die zarten messingnen Rollen sind über hundert Jahre alt und rollen auf Anhieb. Abdrücke im Holz, drei magere Kreise von den Tellern. Jetzt darf die alte Dame wieder in den Garten schauen, und sie darf neue Abdrücke machen. Leider strenger Sparkurs, die Löcher sind lange nicht gestopft, aber ein Vorhang aus Leinen, der wird sein müssen, in Rostrot oder Graublau, in den Farben des Teppichs aus dem Iran, der so leicht zu mir kam. In 100-Euro-Schritten immer schöner machen. Die alte Dame bräuchte neue Saiten. Halten Sie durch, Verehrte, bitte.

Und da erschrak er, als er es merkte. Und

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Freitag, 8. November 2013
Ektomie
Innen rollt sich etwas wie die Bengal-Kitten, deren Foto, das in der Kantine hängt, niemals angeschaut hätte werden dürfen. Solle müssen haben. Möge würden sieben.

Stadt mit O: Wuppertal.

Die Amsel schimpft, sollen diese Menschen doch drin bleiben in ihren Häusern, was tun die morgens auf der Terrasse, haut ab. Da geh ich wieder rein, ist ja schon gut. Die Nüsse werden auch verschmäht. Keine Geschenke annehmen, sich hart in der Wildnis ersuchen solche. Mitnehmen, das ist wie Wischen auf dem Telefon. Du musst die Nummer kennen! Den alten Baum, unter dem das Beste unterm Moder liegt, der Schmuck, eine Gürtelschn~lle, ein Schlapphut für die Nacht.

Was der November: Flügel rücken, Òben üben. Der Wintermantel ist fast fertig, die Knöpfe stehen zur Auswahl aus Black Lip Muschel und recyceltem Schwarztee. Ein Foto von einem Stiefelschaft wie eine Vulva. Er will mit mir abhauen in einem Flugzeug, aber über den Weg laufen darf ich nicht. Geheimfrau, anerkannt und auf Lebenszeit.

Freitag, 1. November 2013
Tagspuk
Richtig schön an der Arbeit zu Hause (Cisco sei Dank) ist die Möglichkeit, sich für 20 Minuten unter dem eigenen Federbett zu verstecken. Eine Mittagspause besser als jeder Teller Nudeln und jede Currywurst.

Da klopft es auf meinem Dach. Einmal, noch einmal. Doppeltes Tempo, tocktocktock, Triolen gehen auch. Es kommt vom Kamin. Brocken stürzen hinab, poltern über die Dachziegel. Sollte Martin Luther selbst mit Steinen nach den Halloween-Kindern...? Wer verlangt Einlass? Hätte ich Süßigkeiten auf den Schornstein legen müssen, um der plötzlichen Rache zu entgehen? Bevor der Deifi mich holt, muss ich erst Mittagsschlaf machen, Entschuldigung, aber wir sind hier in Deutschland, da ist das mit den Pausen gesetzlich geregelt.

Erfrischt öffne ich ein Luke, um zu erklären, dass es nichts gibt, dass ich ungebeten verschenke wenn ich es denn tue, und dass man unten klingeln kann, falls man Pakete abgeben will oder über Nacht bleiben möchte. Ein schwarzer Vogel dreht den Kopf nach mir und schwingt sich.

Auf den Treppen finde ich Walnussschalen. Ich habe gleich noch ein paar ganze Walnüsse dazugestellt. Dass ich einen zahmen Vogel möchte, das weiß ich schon lange. Na gut, halbzahm. Komm, großer schwarzer Vogel.

Montag, 7. Oktober 2013
Gare de l'Est 16:40
Ich habe jetzt schon Heimweh.

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Samstag, 5. Oktober 2013
Schwingung
Immer beim Aufziehen der Uhren schiebe ich das Pendel an und erst dann gibt es die Energie aufs Werk, und immer ist der Moment des Übergangs nicht wahrzunehmen, wenn die Schwingung nicht mehr von ihrer eigenen Trägheit (Physiker mögen nachsehen, dass ich gerade keine Lust habe, präziser zu formulieren), sondern vom Antrieb aus Feder oder Gewichten in Gang gehalten wird. Meistens bleiben die Uhren allerdings gar nicht stehen, sondern das Wochenwerk wird an seinem Tag, das Tagewerk zu seiner gewohnten Stunde aufgezogen. Manchmal aber auch nicht.

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Donnerstag, 3. Oktober 2013
Eingeweihe
So eine Art Sich-Ergeben. Dinge abhaken, als erreicht oder als nicht erreicht, aber: Haken. Dieses Symbol des Stürzens (aber unten und oben, das ist auch so eine Frage). Und wie der Wind bläst. Morgen ein chromatisches Glockenspiel mitnehmen. Was ist Arbeit? Wann kommt Besuch? Ein Schreiben, Einschreiben, in drei Worten. Bruch. Wortbruch (lies wie Schokoladenbruch). Die Maske muss jetzt schlafen. Salat von Eingeweiden, Pizza Notte. Den Mond esse ich immer aus der Hand, vorweg.

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Dienstag, 17. September 2013
Mondlandung
Schwer beeindruckt.

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Samstag, 7. September 2013
Flache Rate
Der Betrieb flog aus, gestern. Man schipperte zu einem aufgeschütteten Sandstrand, reichte einander unterdessen Butter, Kaffee und Schinken, manch einer nahm schon auf dem Floß ein Bier aus dem Kasten. Die Trekkingsandalen waren ohne Zahl, man ging an Land, man nahm ein zweites Bier an der Strandbar oder einen Almdudler und verteilte sich fröhlich in Kajaks. Keine Miss Wetshirt stand auf dem Programm, sondern eine gepflegte Flusstour vorbei an Sparkasse, Krankenhaus, scheinbar planlos zugewachsenen privaten Sitzecken und unter allerley eisernen und steinernen Brücken hindurch. Das Schnattern ließ nach, die Gesichter entspannten sich so nah an der kaum merklichen Strömung, Kappen und Sonnenmilchflaschen wurden gezückt und reihum angeboten, die Gespräche wurden ruhiger unter den überhängenden Kastanien – was das Wasser eben macht mit dem, der es mit sich machen lässt. Was eben passiert, wenn die Anforderungen des Tages sich nicht ans Hirn, sondern an die Oberarme von Büromenschen richten. Man kehrte vor dem Wehr um, manch eine Dame durfte das Paddel einziehen, denn die Herren waren freundlich bereit, ihre Reserven diskret aber wirksam zur Geltung zu bringen.

Liegestühle wurden in den Schatten gerückt, die Füße alle im Sand vergraben. Einfache Drinks auf Tischchen, Sonnenbrillen, erste gerötete Schultern, zur Seite gefallene Köpfe vereinzelt, die Flasche im Schoß. Eineinhalb Stunden bis zum Grillen. Eineinhalb geschenkte Stunden für 90 sonst so effektiv bemühte, auch kämpfende, ruhelos auf Pfiffigkeit und Compliance bedachte, werkende Frauen und Männer. Ein Genuss.

Dann Barbecue, gesittete Schlange, einfache Soßen, geruhsames Essen. Aufbruch, Fußmarsch, Regionalzug, Ende der Dienstreise.

Freitag, 30. August 2013
ßüßer ßenf
Der Wahl-O-Mat (ich verstehe dabei das O nicht) bescheinigt meinen Vorstellungen, am ehesten denen Der Partei zu entsprechen.

Bedingungssatz ohne Konjunktion. Muttersprachlich fast ausgestorben. Ich besitze inzwischen eine ganze Sammlung davon.

Kaum trete ich einmal ungehalten auf, schon wird mir eine negative Attitüde unterstellt.

Für morgen eine frische Forelle bestellt.

Werbung.

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Donnerstag, 8. August 2013
Euch Treuen
Sturm in der Birne, und Matsch. Frischlinge im Sturm sich suhlen in meinem Kopf. Ein Grunzen, und mein Lächeln ist ein Wildschweinlächeln, die Lefzen hochgezogen, das mögen alle, sie glauben es wirklich, dass eine alte Bache lächelt.

Nachts komplizierte Träume, von Geländespielen, bei denen gleichzeitig eine Krone und ein warmes Mahl für alle erreicht werden müssen, es geht über Bohlen (schon wieder Matsch), es sind Liegestühle im Weg, ach, lauter so ein Krampf. Es sind viel zu viele Leute in diesen Träumen, und es werden zu viele Servietten gefaltet, davon bekommt man trockene Lippen.

Er schenkt mir Wein nach, er hat zwei Birnen aufgeschnitten, er hat Pistazien in einem Schüsselchen, und er wirft sich auf mich und seit einer Woche raucht er nicht mehr.

Bissiges Meerschweinchen. Ich halte den Käfig sauber, ich stelle Essen hin, ich sage na, alles klar, hast du gut geschlafen, ist das Bad frei, und es schnappt nach mir und macht Ärger. Noch drei oder vier Jahre, dann schmeiße ich es raus.

Wieder nähe ich ein rotes Kleid. Für 50 EUR Nähfüße bestellt, und nicht für Schnickschnack. Ehrenmitgliedschaft als Chorschneider, dahin sollte es sich doch bringen lassen. Im September gebe ich meinen Abschied, es wird nur ein paar Hassler-Choräle geben mit der Kernbesetzung und danach Sekt, und dann singe ich nur noch Mucken, für umsonst oder für Geld oder für eine Einladung zu einem wirklich guten Essen. Für ein furchtbares vollschnulziges Tchiesöss-all-around-us-Freikirchenmusical im Tonstudio ist angefragt, die Bremer Philharmoniker mailten neulich für eine Uraufführung, zur Taufe der Kleinen wird es Weißt du wieviel Sternlein stehen geben, so Zeug.

Noch kein Ergebnis aus der Histologie. Bedenklich?

Wenn mir nur wieder leicht würde.

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