Samstag, 26. Juli 2008
Flieg.

... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
Brauner Mönch
Betrunken er vom Licht, ich vom Wein. Er brachte den gläsernen Lampenschirm zum Klingen, und ich fing ihn im Flug, mit Glas und Postkarte, und neide ihm das Freigelassenwerden in dieser lauen Sommernacht. Flieg.

als eine stille Kammer
wo ihr des Tages Jammer
verschlafen und vergessen sollt

... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
Mittwoch, 23. Juli 2008
Faites vos jeux
Geschlossener Zirkel, Allianzen: Man schätzt diesen Jour fixe, und trifft sich in Räumen mit altem Parkett, plaudernd, mit Geist und Seele debattierend, nicht alle hegen Sympathien füreinander, aber man lässt leben. Mediziner und Konsuln im Herzen zumindest sind dabei, autonome, schlanke Frauen mit beweglicher Moral und ebensolchen Hirnen, einer gibt den Narren, der mit seinem Reden und seiner Person Stoff im Überfluss und auch den niederen Instinkten ein Spielfeld bietet, und er tut es gern. Ein bleicher, dunkel gekleideter Mensch ist darunter, ein brillanter Denker, der nicht viel spricht, dem die Herzen der jungen, dezent gewandeten Damen zufliegen (Cousinen allesamt, irgendwie, deren hochgestecktes Haar wiederum anderen Herren Gedanken macht, angenehme), und der sich hier satt isst, einmal im Monat, unauffällig, denn es kommt unaufhörlich Essen aus der Küche auf Tabletts, kristallene Gläser klingen sacht und oft, man dilettiert am Flügel, Kerzen rußen in silbernen Leuchtern. Zwei tauschen einen kurzen Blick, er genügt, um sich zu verständigen unter denen, die sich als ewige Brüder des Bundes der Wenigen erkannt haben im ersten Moment. Man hebt mit sparsamer Bewegung das Glas darauf und bewahrt köstliches Stillschweigen, für immer. Die gerundet dekolletierte Gastgeberin bringt jeden Einzelnen persönlich zur Tür zu später Stunde, und nur einen küsst sie leidenschaftlich auf den Mund zum Abschied, jedes Mal, und er hat nichts dagegen.

... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
Muskeln auf Gerüst (wenn sie schon so einen Lärm machen)

... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
Fünf geschenkte Stunden. Stillhalten, damit sie sich wohlfühlen hier.

Dienstag, 22. Juli 2008
Die Farbe des Tages
Das "back" im Titel ließ ja auf interessante Antworten zu nie gestellten Fragen schließen, aber es ist hier wohl eher reimdoofer Marketinganspruch denn kunsthistorische Relevanz zu vermuten, wenn das schönste umgebaute Gründerzeit-Schwimmbad weit und breit mit dem Slogan "Back to black" zu einer Ausstellung lockt, die - das trifft zu - ganz dem Schwarz gewidmet ist. Nicht umsonst fordern (ungewöhnlich für eine Institution, die von Museumsnewbies eher nicht frequentiert wird) Schilder dazu auf, die Ausstellungsstücke nicht zu berühren, denn wo der Mensch nichts sieht, da will er zufassen. Die Hand zuckt immer wieder hervor, will die Strukturen erfühlen, denn das Hirn mag zunächst nichts sagen zu nur schwarz.

Strukturen also, soweit das Auge nichts sieht und die Hand nichts spüren darf. Oder doch Farbtupfer, denn irgendwoher muss der Inhalt ja kommen. Höhepunkt der ganzen düsteren Versammlung ist eine nur ca. 20 mal 30 Quadratzentimeter große Leinwand, die mit waagrechten Pinselstrichen schwarz bemalt ist: "Landscape with Tree and House" von Rafal Bujnowski. Er hat ja gar nichts an, ist man versucht zu denken - daneben ein Grundig-Fernseher, schwarz natürlich, der die Entstehung des Bildes in einem Video dokumentiert: Scherenschnittartig hebt sich eine Landscape with Tree and House von einem weißen Nachthimmel ab, im Gegenlicht ganz offensichtlich, ein paar waagrechte Wolkenschlieren deuten windigen Himmel an. Von links kommt immer wieder die Hand des Malers ins Bild, und mit kratzendem Borstenstrich lässt er es Nacht werden. Wolken ziehen auf, der schmale helle Streifen über dem Horizont wird immer schmaler, und schließlich: Schwarz. Schwarz wie die Nacht, aber man weiß von Haus und Baum. Großartig.

Florian Süßmayr hat die Frechheit, in die Stapfen des großen Gerhard Richter zu treten, und er macht es gut. Ein anderer malt viermal das gleiche schwarze Bild, grob mit dicken Batzen Öls übersät und gibt ihm viermal einen anderen Namen - fertig ist die Kunscht. (Das sollte man mal auf Bloggisch machen: Zu Mehreren einen abstrakt dahergeschwafelten Text entwerfen in "Ich packe meinen Koffer"-Art und das Ergebnis dann auf drei veröffentlichen, jeder mit einer Überschrift, die seine Genialität so richtig zur Geltung kommen lässt - ohhhhh!). Völlig überschätzt, wie immer: Jonathan Meese. Nunja.

Ein schwarzer Tag, und bekanntlich hilft es ja gelegentlich, mit Gleichem dagegenzuhalten. Auf dass die Farbe wiederkomme.

Back to black, Kestnergesellschaft, Goseriede 11, 30159 Hannover, noch bis zum 10. August.

Montag, 21. Juli 2008
und genug essen
Man sollte: eine benamste Spinne aus der Badewanne retten, Schokoladeneis kaufen auf der Île de la Cité (Berthillon heißt der Laden; und aufhören, in Distichen zu denken währenddessen), immer zwei Fahnen am brennenden Helm tragen, rascheln in Nächten.

... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
Samstag, 19. Juli 2008
feucht halb die Laken, leuchtend Feuer jeden Schlaf

... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
Dicke Bretter
Max Reger behandelt in seinem "Vater unser" (o. O., 1909/1910) den Chor wie eine Orgel: Register und Mixturen kommen da vor, wie sie auch das chorgewohnte Ohr nicht oft zu hören bekommt. Geteilt in dreimal vier Stimmen führt er die Sänger an die Grenzen ihres Ambitus, lässt die Chöre in vorbachscher Manier einander Antwort geben, mixt aber auch hohe Stimmen zu Sirenenklängen und lässt die vielen eng beieinanderliegenden Männerstimmen knurren. Plagale Harmoniefolgen (C-B-D-H-Dis-cis-Cis, Reger halt) illustrieren das Gottesreich; dass wir "unsern Schuldigern" auf Erden nicht vergeben können (und wollen), das grätscht uns schmerzhaft ein unaufgelöster D#7b9 vor. Im Zentrum die Bitte um Erlösung und ihre Gewährung gleichzeitig: butterzart und den tiefen Stimmen geschenkt der zwölftaktige Choral, in H-Dur natürlich, da sind sie wieder, die fünf Kreuze, die alles können. Das lutherische "von dem Bösen" lässt dem Betenden ja bekanntlich die Wahl, ob er an "das Böse" oder "den Bösen" denken mag dabei (ich meine, M. L. hatte "den Bösen" immer im Blick, denn er war im nah, auch immer); hier ist es "das Übel", von dem wir erlöst werden sollen - auch gut. Am Ende dann natürlich so etwas wie eine Fuge (es tut jedenfalls wie eine Fuge), in barockester Verschlingung der Stimmen gesetzt, auch technisch barock geführt, harmonisch jedoch auf Alban Berg zeigend, über und zwischen allem ein Posaunenregister mit einem scharf trötenden Cantus firmus, und man erkennt klar, dass Reich und Kraft und Herrlichkeit auf Erden tatsächlich nicht unser sind, aber Schreien darum tut einfach sehr gut: Vater!
Amen.

Außerdem: Drei sechsstimmige Chöre op. 39. Der andere Reger, der süße. Von zitternden Blümlein und süßem Hoffen, von Morgenlicht und purpurrotem Abendglühen im Wald ist da die Rede, aber nicht naiv, sondern auf wunderbare Weise wissend, wie gefährlich solche hinter dem Brustbein wohnende Empfindung uns ins Wanken bringen kann, und wie schön dieses Wanken sei. Man möchte alles mit th schreiben.

Dazu gibt es die sogenannte Deutsche Messe von Franz Schubert, welche ja im Normalfall der selben Mechanik gehorcht wie jedes Krippenspiel: denen, die das Kunstwerk aufführen, macht es Arbeit und Freude und sie sind mit Eifer dabei, und die zuhören, müssen's erdulden. Es sind darin allerdings Schätze zu heben, das ist nicht unmöglich. Und Reger macht hier die Beleuchtung dazu, das lässt hoffen.

Live und in Farbe gibt es das alles (und noch ein paar Preziosen mehr) am 7. September 2008 im Abschlusskonzert der 2. Max-Reger-Biennale in Giengen an der Brenz. Und der SWR wird es eines schönen Tages senden.

... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
... früher