Sonntag, 26. April 2015
Stadtpomeranze
dom

So bezaubernd, diese junge Steinmetzin, die durch die Dächer des Doms führt. Der Dachstuhl ist aus Stahl und verlor seinen ersten Platz in gewissen Listen nach wenigen Jahren schon an den Eiffelturm. Es stehen Sechskantschlüssel rum zum gelegentlichen Nachziehen der Muttern, schulterhoch und 30 kg schwer, ein 6er für einen Siebengebirgsschrat, falls er mal nachsehen kommen will nach seinen Steinen. Unterwegs in den engen Gängen ist das Richterfenster zum Anfassen nah. Die Gerüstbauerwerkstatt ein Traum für alle Kletterer, soviel Geseile und Gehake hängt dort rum. Es gilt die strenge erste Regel: In den Dom wird nicht gebohrt. Sie bauen ihre Gerüste trotzdem, auf Vorsprüngen und an Seilen, mit ausklappbaren Stegen, und auf allen Fotos lachen sie. Jener Regel folgend hängt die Schwalbennestorgel frei an Seilen in der Metallkonstruktion, das Betreten macht sie schwingen, was wohl nicht jedes Organisten Sache ist. Die Dächer der Schiffe sind mit Blei gedeckt, denn Kupfer würde durch die Strömungsphysik an den steilen Flächen leicht hochgebogen werden bei Wind. Im Vierungsturm kommt dann die Sonne raus zum Gruppenbild. Was für eine Welt.

So ein freies Gefühl immer, zum ersten Mal ohne Jacke unterwegs zu sein, und sogar bis weit in den Abend hinein. Zwischen Junggesellenabschieden, Altstadtbrauereien und den üblichen Schaufenstern hindurch zieht es mich bis in die Nähe des Franken, der an diesem Abend an einem Tisch diniert und mit den jungen Damen der Intelligenzia tanzt. Schade, dass ich hier ohne dich bin, sagt er aus dem Telefon, als ich schon den Weg in mein Hotelzimmer eingeschlagen habe, das so groß ist wie ein Badezimmer und doch alles hat, was ein Stadtwochenende in der Nacht verlangt: Wasser, Bett, Fenster zum Öffnen, Mond am Himmel.

Dass ich mal in eine falsche Bahn steigen würde, einfach aus lauter Frohsinn, und weil die Zeit zu kostbar ist, nachzusehen, ob und wie zurück weil nur zwei Minuten zum Abschiednehmen und da muss man den Blick doch aneinanderhalten, wenigstens das.
Ach Köln.

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Dienstag, 14. April 2015
Zimmer 235
Vor dem 'Vendôme' auf einer Bank in der warmen Sonne eine Portion Pommes mit Salz verspeist - passt zur Disney-Land-Kulisse mitten im ärmlichem Kleinstadtabend. Blick bis Köln im Dunst. Nun ein Pils auf einem Queensize-Bett. Draußen singt die Amsel. Draußen fährt ein Moped. Neben mir ist noch Platz.

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Donnerstag, 26. März 2015
Giglio-les-Alpes
Wieder nimmt ein kleiner Ort alles an, was zu ihm kommt. Es wird lange dauern, bis der Frieden zurückkommt. Bis dahin wird untergebracht und geholfen in jeder Weise, die Menschen möglich ist. Chapeau.

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Sonntag, 22. März 2015
Wo Lücken
Gestern pfoff im Viertel der Wind durch den Mantel bis aufs Zwerchfell. Der Erste Zweite Geiger hatte beim Satteln des Bikes noch Carmen empfohlen, er habe frei, aber seine Kollegen würden spielen, aber zunächst musste ein Mittagsschlaf gehalten werden. Ich bekam einen Wohnungsschlüssel und einen Kaffee ohne alles, und dann schwang sich der Mann, der sich mit herbem Rasierwasser auf wild zu tunen versucht und doch ein ganz zarter ist trotz der großen Füße, aufs Fahrrad, und es kam sofort der Mittagsschlaf in einem frisch bezogenen Bett. Der Hunger auch nach frischer Luft nach einem ganzen Vormittag Probe in dem Saal, den sie "Glocke" nennen, obwohl er innen lindgrün ist und voller denkmalgeschützter Klappstühle, und ein Hunger nach warmem Essen verlangte noch einen Ausgang am Abend. Der Wind pfoff im Viertel durch den Mantel bis aufs Zwerchfell, vorbei an Carmen, weiter Richtung Dom immer kälter, es war zu früh, eigentlich noch kein Einlass, aber komm doch rein. Sehr sparsam die Ausstattung in einem kahlen Raum, doch Holzboden, Musik und ein paar Getränke aus dem Kühlschrank sind ja genug. Eine Ärztin tanzte mit dem Ruftelefon um den Arm geklettet, man war neugierig auf den unbekannten Gast und nach zwei Stunden wollte die Achse ins Bett.

Eine Visitenkarte mitgenommen, eine Busfahrkarte gekauft, ein Kleid für den nächsten Morgen bereitgelegt. Kaum eingeschlafen, kam eine Kerze in den Raum und Heimlichkeit und lange Zeit, und doch war das Aufstehen so leicht, so leicht. Kein Frühstück, rein ins Kleid, ein Kuss unter die warme Decke, und in der Sonntagsbäckerschlange pfoff der Wind durch den Mantel bis auf den Rücken. Eine Busfahrkarte gekauft, und nichts wie rauf auf die Bühne.

Halleluja. Regionalbahn. Schön getanzt, schön gesungen, schön gewesen.

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Montag, 9. März 2015
Das Fest
Es war einmal eine Königin, die hatte eine wunderschöne Tochter. Als die Königin fühlte, dass sie begann, alt und müde zu werden, da sagte sie zu ihrem Kinde: Ich habe noch nie einen großen Ball gegeben. Meine Augen werden schlecht, aber meine Füße tragen mich noch, und ich möchte alle einladen, um mit mir zu tanzen und zu essen und es recht wohl zu haben, eine ganze Nacht lang. Aber Mutter, erwiderte die Prinzessin. Du bist alt geworden. Die anderen Prinzen und Prinzessinnen werden dich auslachen und sagen, dass solche Feste aus der alten Zeit sind. Feste neuer Art hingegen gebühren dir nicht. Lass mich, sagte die alte Königin, ich wünsche es so.

Das Schloss war klein und die Wege im Park uneben, und so lud die Königin zum Jahrestag ihrer Geburt in eine große Halle unweit ihrer Ländereien. Und alle kamen und fuhren ihre Kutschen mit vier und zwei Rädern vor, manche, die schon alt waren oder keine Kutsche hatten, kamen mit langen Pferdewagen und fuhren einen ganzen Tag, um zum Fest zu gelangen. Am Abend des Balls stand die Königin am Tor der großen roten Halle und begrüßte alle Gäste, die in einer langen Reihe standen und darauf warteten, der Königin die Hand zu geben. Aus dem benachbarten Reich kamen der König und die Königin mit ihrer Tochter, es kamen viele Fürsten und Grafen mit ihren Gemahlinnen und Kindern, es kamen Händler und Meister des Handwerks, sogar der Kaiser Der Schönen Häuser war gekommen. Sie brachten Blumengebinde, Musik in kleinen Kästchen, Leckereien aus ihren Ländern, aufregende Geschichten und Bilderbogen, Weltkarten und Reisegerät mit, und sie schenkten der Königin viele Dinge, die sie lange begehrt und doch schon fast vergessen hatte.

Die Königin dankte allen für ihren Besuch und bat zu Tisch. Spezialitäten dampften über dem Feuer, es gab Wein und Wasser und warmes Gebräu für alle. Die Gläser klangen, und als der Hunger der langen Reisen gestillt war, da stellten sich etliche in eine Reihe, Medici und Gärtnerinnen, Durchlauchte und gelehrte Damen, kluge Männer und wirkliche Musici darunter, und sie sangen für die Königin alte Weisen, so schön und fein, dass es ihr harte Tränen in den Hals trieb, und allen, die zuhörten, ebenso.

Dann gab es Musik, und die Königin tanzte mit ihrem alten Vater und mit einem Weisen und mit einer Malerin und mit vielen Gästen und war sehr glücklich. Die Prinzessin aber tanzte ganz allein einen neuen Tanz für ihre Frau Mutter und machte ihr und allen Gästen viel Freude.

Tief in der Nacht, als alle Gespräche gesprochen waren und der Mond schon hoch stand, da machten sich alle auf den Heimweg. Sie umarmten die Königin noch einmal, wie sie es oft während des ganzen Fests getan hatten, dankten ihr und dem Himmel für das Glück, das sie empfanden und versprachen, bald wiederzukommen.

Zwar war der Musicus Vagabundus, dem der Königin Herz einst gehört hatte wie keinem anderen, nicht gekommen, denn er weilte fern, aber er hatte ihr das Versprechen gegeben, für sie ganz allein zu spielen, wenn sein Weg ihn wieder in die Nähe führen würde. An ihn dachte die Königin, als sie froh und mit müdgetanzten Füßen zu Bett ging, und sie schlief zwei Tage lang.

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