Vesper

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Mittwoch, 9. März 2011
Besuch: Die Abreißer
Der dicke Schmidt hat sie geschickt. Sie werden verrückt, wenn Sie das selbst machen, ich schicke Ihnen den Armin, hat er gesagt, der macht das für Sie. Den Plananhänger schieben sie zu Fuß in den Weg. Der Zirkus kommt!

Armin: Der Chef. Schaut gegen 9 vorbei und nimmt einen Kaffee. Der Armin hat den Albert geschickt.

Albert: Der Gruppenleiter. In seinem Treppenhaus hängen großformatig die Porträts aller Schalker Spieler, erzählt er. Einmal Schalke immer Schalke. Der Magath hat die Seele des Spiels verkauft (Kopfschütteln, traurig auf den Boden schauen). Aber wenn man dort ist, eine Stimmung, sag ich Ihnen. Aber das Allerbeste war das Pokalfinale letztes Jahr in Berlin. Das war schön, sag ich Ihnen, das war schön! Wasserblaue Augen, grauer Bart, löchriger primelfarbener Pullover. Charme von 40 Jahren Erfahrung, Figur eines Turners.

Anton: Der Senior. Er hängt vor den Türen Folie ab und erklärt, warum. Er legt Verlängerungskabel aus mit drei Stolperfallen auf fünf Meter. Latzhose. Er darf ansagen, wenn Albert mal ne Stunde weg ist, was erledigen.

Achmed: Achmed.

Andi: Der jüngste. Rotblond und sommersprossig und sagt nichts. Die Arbeitshose ist noch ganz neu, die Wimpern auch.

Das schönste Wort: Sauerkrautplatte.

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Freitag, 4. März 2011
Absage
Die Finger habe ich mir gestern blutig geklemmt, der Zug fährt nicht, mein Haus braucht mich und ich mein Haus. Ich komme ein anderes Mal, wenn es warm ist und wenn meine Hände wieder gehen können, ja? Ja, sagt er, mein Sofa ist ja immer da und ich auch.

Jod riecht ein bisschen wie Lakritz, oder wie Rotwein.
Immerhin.

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Mittwoch, 2. März 2011
Und ach, sein Kuss -
So stark wie meine sind seine Locken. An der Hand, die so gut in meine passte, hat er eine Frau zum Altar geführt, vor fast einem Jahr. Er hat sie heimgeführt an der Hand, die so schön fragen kann, die alles spielen kann, was er will und wie er will, und sein Haus ist nun ruhig.

Sag ihm, Nordost, ich lass ihn grüßen.

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Dienstag, 1. März 2011
Unter Muttis
Darauf war der junge Fremde, der sich mit den Fingern in den Umkleideräumen umsah, nicht gefasst: dass eine der davor wartenden Mütter ihm nachgehen, ihre Marke zeigen, "Kriminalpolizei" sagen und ihm im gleichen Zug den Arm auf den Rücken drehen würde.

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Montag, 28. Februar 2011
Der Chefkoch empfiehlt
Wirklich angenehm an der gängigen Praxis, abkühlende Nudeln mit einem Schuss Öl zu vermischen, ist der hautpflegende Effekt, wenn man die kalten Nudeln am nächsten Tag mit den Händen aus dem Topf isst.

Freitag, 25. Februar 2011
Gebt mir ein schönes Pferd
Das ist einer der guten Tage: Die aufgehende Sonne, rot wie der Mond und groß wie drei Riesenräder. Das auf Klopfzeichen für den frühen Gast geöffnete Rolltor, der Kaffeeduft unterm Neonlicht, die bereitliegenden Schlüssel auf dem windelweich geknickten Fahrtenbuch. Das Guten Morgen hinter einer dicken Brille hervor, der Schnack und der Dank. Die Stellplätze derer, die das Geschäft führen alle noch leer, die duschen gerade oder schlafen sogar noch. Ganz hinten aber das Auto, verschrammt an allen Türkanten, und ganz sauber. Die unvermeidliche Erinnerung an die Regel des Fahrlehrers, wie ein Fahrersitz einzustellen ist nach Sicherheits- und Ästhetikgesichtspunkten. Die freie teppichbelegte Fläche, die nachziehen wird wie ein Entchen an einer Kordel, die leeren Verankerungsbügel im Boden, denn die Bänke und Einzelsitze sind allesamt im Waschraum gestapelt. 207.093 km ist die Schachtel gefahren, das ist eine schöne Zahl mit den beiden Nullen und den anderen Ziffern: nette und ernste dabei. Licht an, Bremse los, das Rolltor öffnet sich bei der ersten Bewegung im Rückwärtsgang. Morgens zu einer Fahrt aufbrechen: seltene Freude.

Auf der Autobahn dann das Blinzeln und Blitzen der aufgegangen, hell und heiß gewordenen Sonne zwischen den kahlen Büschen hindurch. Kein Radio, keine Sonnenbrille, kein Handy, kein Proviant dabei. Der Raum einer Einzimmerwohnung fährt durch die Landschaft, das Polster federt, die Armlehne rechts lässt sich herunterklappen, ideal für einen Linkshänder am Steuer. King of the Road. Eineinhalb Stunden brummt die Schachtel bis ins übernächste Mittelgebirge, und wo die kleine Büchse dauernd geschalten werden will, genügt hier ein Millimeter Senkung des Gaspedals, um die Geschwindigkeit zu halten und die Hügel zu nehmen. King of the Road. Gebt mir ein starkes Pferd.

Neben der Autobahn durch die kleinen Paradiese der Glasbausteine und Rauchglasscheiben. "Gasthof Zum Sachsenroß". "Eventhalle Zum Sachsenroß für Ihre Familienfeier rechts Parkplatz". In der Kleinstadt dann der geplante Besuch (bitte vor 12 Uhr, denn da kommt der Insolvenzverwalter, aber es sieht gut aus, soll wohl weitergehen, sagt die Buchhalterin schon vorher am Telefon. Wir machen weiter. Machen Sie Werbung, unsere Sachen sind gut! Hier also einmalig und nie wieder: Pamino-Parkett ist gut. Ehrlich und ausprobiert.), in der Kleinstadt also der Besuch in dem kleinen Betrieb mit schon leerstehenden braunbeigen Schreibtischen aus den 70ern, an den Rändern aufgerollten Prilblumen auf dem Tresor, einer Klospülung mit Kasten und Kette, und mit 1A Parkettboden in allen Räumen, alle Muster und Farben. Zwei Vertriebsleute und die Buchhalterin sind in der Verwaltung noch da, aber es soll weitergehen, denn die Sachen sind gut. Durchs offene Tor soll ich reinfahren, machen Sie mal die Klappe hinten auf, nein, Sie schauen schön zu, wir machen das schon, dafür sind wir ja da. Sechsmal meine Körpermasse Parkett schieben sie mir mühelos in die Schachtel - nicht die Sorte, die ich gern hätte, sondern eine Sorte, die sie gerade da haben, auch schön, Wünschen ist ja schon lange vorbei, Bekommen heißt das neue Wünschen - ein paar Sockelleisten dazu (die nageln Sie aber nicht, da nehmen Sie schöne kleine Messingschrauben und Dübel, das müssen Sie versprechen. Ja, verspreche ich.) und ein Liter Pflegezeug (Polieren nicht vergessen. Nehmen Sie ein altes Unterhemd, keine Mikrofaser. Ja, danke, ja, das mache ich.). Haben Sie jemand, der Ihnen ausladen hilft? Nein, sage ich, aber ich habe einen Beifahrersitz. Steigen Sie ein, ich nehme Sie mit. Einer lacht und haut mir auf die Schulter und sagt Sie sind gut, der andere schaut von seinem Klemmbrett hoch und über die randlose Brille hinweg und runzelt die Stirn. Ja, lose sind die Frauen in der Stadt. Ein Glück, dass hier die Frauen Gesundheitsschuhe und schlecht sitzende Dauerwellen tragen, oder vielleicht auch kein Glück. Den Lieferschein stecke ich in die Hosentasche, steige ein und hupe zum Gruß.

Sechsmal ich in Holz also ins Haus heute nachmittag. Dann Adieu, Schachtel, warst ein gutes Taxi. Heute abend schon wird es den Handwerkerschlaf geben, der besser ist als der Denker- und Rechnerschlaf, und dabei ist ja noch gar nichts gemacht.

Montag, 21. Februar 2011
Pflaumenblau. Tags um die Knöchel, abends um den Hals.
Nicht rot wäre das Vöglein: blau. Doch anders.

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Samstag, 19. Februar 2011
morgen
räumen
tüten
ölen

sehnen

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Sonntag, 13. Februar 2011
Bäume, Seile, Auge
Hell auf den Feldern heute und Nebel über den Gräben.
Kein Hund ist mir begegnet.

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Mittwoch, 9. Februar 2011
Weißt du, der Thymian glitzert überfroren und alle Ränder sind mit kristallenen Spitzen versehen wie aus Garn. Die steigenden Bläschen warten im Eis, denn der Teich fror zu lauter gestreiften Dreiecken heute nacht. Im Schatten bleibt es eisig. In den Achseln der Rosen treibt es rötlich, und die Mäuse sind nicht alle gestorben.
Es treibt mich auch. Komm in die Sonne.

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