Vesper
... später
Sonntag, 6. Juli 2008
Viel und laut
Der Saal ist so groß, dass sich die Schallgeschwindigkeit bemerkbar macht: die unten vorne dürfen früher mitklatschen als die oben hinten. Mitten im Geschrei der großen Namen hält der letzte Generalsekretär der United Nations eine rührende Rede, schreibt der schmucken Gesellschaft den Gedanken an das eigene Älterwerden hinter die Ohren und erinnert - wie auch die Tränen des Gastgebers es tun - an das "small life" jedes Einzelnen im Saal, das kostbar sei und nicht gering zu schätzen, jedes einzelne. Der mit der Einladung zugegangenen Aufforderung, während der ganzen Veranstaltung eine Nummer "gut sichtbar" an die Kleidung geheftet zu tragen, kommen die meisten nach; wer VIP sein darf, hat auch noch einen Lanyard um den Hals. Eis vom Wagen, wunderschöne Frauen in Roben und Kleidchen, internationale Küche an langen Tresen, Feuerwerk, Schottenröcke und Schweizerdeutsch, Party bis zum Morgen, danach Schlafanzug und Pfeifen in den Ohren für alle.
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Freitag, 27. Juni 2008
Kind in der Nacht
Die Verwunderung, dass in manchen anderen Autos auch Menschen saßen. Nachts! Das ängstliche Vertrauen, dass unser Auto auch im Dunkeln, auch aus einer anderen Stadt, nach Hause finden würde, auch dieses Mal. Die Selbstverständlichkeit des Mondes, der mit uns mitfuhr, denn er wollte auch nach Hause, und er würde bei uns stehen bleiben und ins Zimmer scheinen, später. Die erhabenen Punkte an der Wand neben dem Bett, die dem Finger eine Bahn boten, Braille des Einschlafens.
Keine Rettung aber vor dem saugenden Alb der Unendlichkeit auf endlosen, einsamen Fieberflügen.
Keine Rettung aber vor dem saugenden Alb der Unendlichkeit auf endlosen, einsamen Fieberflügen.
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20 Jahre
"Frack oder Smoking ist nicht nötig". Abendkleid auch nicht (Cocktailkleid aber recommended).
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Dienstag, 24. Juni 2008
Privatpatient
Rp. sellam cubito, remedium dolorem lenientem, potum frigidum, fraga
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Mittwoch, 18. Juni 2008
Süß, scharf, rot, knirschend: Walderdbeergestimmtheit.
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Samstag, 14. Juni 2008
Nachtlicht
Graublaue Wolken, und auf die grüne Erde fällt die kühle Nacht, die alle Seelen benetzt mit wackligem Gedenken. Das letzte Bunte sinkt im letzten Licht. Leuchtend das sanfte Weiß in Gärten und in Himmeln, und es bedämmert lau das zagend klamme Herz.
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Wetterbericht
Graublaues Dämmern, und auf den nachtfeuchten Boden fällt ein dichter Regen, der alle Köpfe beperlt mit kühlen spitzen Tropfen. Das erste Bunte fällt in herbstlicher Manier. Leuchtend das Weiß und Grün auf Wipfeln und auf Gräbern, und es dringt strahlend ein in die benetzte Brust.
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Donnerstag, 12. Juni 2008
Ein dunkler Anzug ist sehr kleidsam.
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Ich bekam heute einen schönen Brief. Auf dem Umschlag steht
-persönlich-, und es ist außer meiner Adresse kein Absender darauf vermerkt. Nur eine Seite ist beschrieben mit dunkelblauer Tinte in einer leicht geneigten, etwas eng geführten Handschrift; Ort und Datum, ein netter, offener Gruß, dazwischen nicht viele und nicht wenige Wörter, Wörter, die sprechen, aber nicht plaudern. Das Papier aus einem sehr ordentlichen Briefblock entnommen (nicht jeder nennt eine schwere Kassette mit einzeln darin verwahrten Bögen sein Eigentum) und erst längs, dann quer gefaltet, wie es sich gehört, soll das Blatt sich vor dem Leser nicht von selbst verschließen wollen. Ich forschte sorgfältig im Umschlag, aber außer diesem Brief war nichts darin.
Ich hatte ihn vor kurzer Zeit geschrieben. Nun ist er wieder da.
-persönlich-, und es ist außer meiner Adresse kein Absender darauf vermerkt. Nur eine Seite ist beschrieben mit dunkelblauer Tinte in einer leicht geneigten, etwas eng geführten Handschrift; Ort und Datum, ein netter, offener Gruß, dazwischen nicht viele und nicht wenige Wörter, Wörter, die sprechen, aber nicht plaudern. Das Papier aus einem sehr ordentlichen Briefblock entnommen (nicht jeder nennt eine schwere Kassette mit einzeln darin verwahrten Bögen sein Eigentum) und erst längs, dann quer gefaltet, wie es sich gehört, soll das Blatt sich vor dem Leser nicht von selbst verschließen wollen. Ich forschte sorgfältig im Umschlag, aber außer diesem Brief war nichts darin.
Ich hatte ihn vor kurzer Zeit geschrieben. Nun ist er wieder da.
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Montag, 9. Juni 2008
En garde
Herrlich, ein Gespräch! Das Wort noch warm, noch nicht überdacht, wenn das Antwort kommt, und eines darf ins andere fallen und sie stehen gackernd wieder auf, neue Worte lockend; Scherz und Geist fechtend und tänzelnd, nicht aufeinander wartend in wohlbedachter Choreographie, sondern jedem Impuls nachgebend, jedem Licht, furchtlos, geschwinde, jauchzend. Berauschend, ja berückend das Dritte, was da entsteht, ein Klirren, das zum Himmel funkelt.
[Vesper]
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