mors

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Mittwoch, 5. März 2008
Teatro dei fiori
Seit fast vier Wochen blühen nun schon die Tulpen, die ich ihr gepflanzt habe. Sie waren natürlich vorgezogen (wie falsch es ist, den Dingen ihre Zeit nicht zu lassen, nur weil jemand das Rot schon im Januar haben will), und ihre Köpfe können sie schlecht wieder einziehen. Und so werden sie von den Nachtfrösten regelmäßig niedergestreckt, knapp überm Boden abgeknickt. Die Blätter strecken sie schwer beschädigt von sich, genau so wie man sich tote, erfrorene Blumen vorstellt... ich sehe es vor mir, wie sie theatralisch fallen mit stummem Seufzen, ein memento mori wie aus dem Buche. Maske und Regie, alles haben sie in ihren unbegreiflichen Tulpengenen. Denn:
In der Sonne richten sie sich wieder auf. Bis zum Nachmittag stehen sie wieder, wie aus der Folie gewickelt mit ihrem wächsernen Touch. Applaus! Und ich habe doch jedes Mal Sorge, dass da mehr als Bühnenblut geflossen sein könnte.

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Samstag, 2. Februar 2008
Da fällt mir eine Hornisse vor die Füße und zerscherbt wie Glas.

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Freitag, 25. Januar 2008
Selbst
Am Abend solltest du dann hinausgehen, zur ausgewählten Stätte, und das Grab ausheben. Wenn es regnet, umso besser, denn der Regen wird die Tränen abwaschen, die dabei fließen werden. Die Grasnarbe sauber abstechen (ein altes Messer mitnehmen!) und etwas abseits ablegen, und dann am eindringenden Spaten die eigenen Kräfte spüren, die ja noch vorhanden sind. Du wirst dich wundern, wie groß die Erdhaufen werden, die da geschaufelt werden, und wie wohl es tut, auf dem Bauch liegend zu graben, bis es tiefer nicht mehr geht, denn das ist heute die Richtung: nach unten, für ihn. Keine Sorge, du fällst nicht hinein, denn deins ist oben. Es wird deiner Trauer einen Weg zeigen, dieses Kämpfen mit dem Werkzeug, nach diesem Tag, an dem viel gesessen wurde, denn es dauert ein paar Stunden, bis der Tod wirklich herantritt und dann noch eine Stunde, bis der Körper kühl wird (und so lange hast du ihn im Arm gehalten, hast ihn gespürt, nicht schwerer und nicht leichter werdend, er und du), nach diesem Tag, der lang ersehnt und doch mit Furcht erwartet wurde. Erde und Regen wirst du annehmen, wie er bald auch, und der Tag wird dir dabei noch einmal durch die Glieder und die Seele gehen. Der Geruch, das vergehende Atmen, der Schrecken des Lazarusphänomens, die große Stille, der Eintritt des Todes in eure Zimmer und sein leises, lächelndes Wiederhinaustreten. Du wirst gut schlafen können in dieser Nacht, nach absoluter Stille und großer körperlicher Arbeit, und der Schlaf wird dich mit ihm verbinden, der auch schläft in deinem Haus. Zu Sonnenaufgang sollst du ihn hinunterlegen, an den Platz, den du ihm geschaffen hast, und der doch nicht seiner bleiben wird. Sieh nicht zu, wie andere es tun - du selbst sollst ihn betten. Und dann nicht ein Schäufelchen Sand und ein Blümchen, sondern fülle das Grab auf, ganz und gar, und pflanze auch das Gras wieder an seine Stelle. Die Sonne wird ganz aufgegangen sein und du kannst hineingehen. Ein bescheidenes Frühstück stehe bereit mit warmem Getränk und Blumen auf dem Tisch. Und dies wird ein guter Tag sein.

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Mittwoch, 19. Dezember 2007
Gesicht
Dunkel ganz unten, wenn man runterkommt links, dahin geht's von alleine nach dem Straucheln.

Zum zweiten Mal das Gesicht. Stolpern, kurzes Gegensteuern, mit der ewigen Kapuzenjacke sich verfangen am dünneisernen Geländer, das immer Halt angeboten hat, das hier aber unversehens, die Gelegenheit zur Rache für stolzes Verschmäht- und jahrelanges nicht Lackiertwordensein jäh erkennend, seine ungeahnte Macht gleich zum Äußersten verwendend, zum Schubser wird. Das schwere Trumm in den Händen retten wollen und demselben den Verlust der Kontrolle über den Schwerpunkt verdanken, ja: verdanken; sich selbst verlieren im Fall. Kurzes Staunen über die akrobatische Note des fraglichen Moments. Tod auf der Kellertreppe oder eher neben der Kellertreppe, denn dort wird der Sturz enden.

Nicht suchen müssen, sondern ihn finden werden. In diesem Haus, das mir lieb ist. Angenehm. Wenn man runterkommt links. Trotzdem mache ich jetzt immer das Licht an.

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