Samstag, 8. März 2008
Jakob hat kein Brot im Haus
Schmeckt wie Glück: in Orangensaft gedünsteter Apfel unter buttrig karamellisierten Haferflocken.

... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
Staatstheater
Was im Kino längst gang und gäbe ist, greift auch in den Theatern um sich: Die Leute verpesten die Luft mit ihren vollstimmig zu jeder Bewegung da unten abgegebenen inhaltsleeren Gedankenpfürzen ("ach Gott schau hin, wie der aussieht!") - und es tun nicht nur die herzlich willkommenen Ersttheaterbesucher, welche ihr Staunen natürlich nicht zurückhalten können (wie sollten sie; und ihnen ist immer verziehen), sondern: alle tun es. Fernsehverhalten. So lange kein Text zu hören ist, finden sowieso Selbst-Gespräche statt. Keine Chance, eine Bühnenstimmung aus Licht und Musik oder eine Ouverture zu empfinden und auf sich wirken zu lassen als Teil des Gegebenen.

Nicht mehr hingehen? Nur noch in der letzten Reihe sitzend (wo man dann jedenfalls bis zur Pause die SMSse der minderjährigen Zwangsbesucher mitlesen kann)?
Mitmachen! SMS schreiben. Reden. Alles sagen, was man denkt, laut. Das geht vor dem Fernseher auch, aber es hören nicht so viele Leute.

[Non]
... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
Freitag, 7. März 2008
op. 42 Nr. 2
Schon unter dem Wasser zu singen, lockt es weiter in die Tiefe unwiderstehlich und läßt das Wasser steigen, betört von gleich fünf Kreuzen: Zauberschimmer und Versunkenheit, nur die fünf können das. Das wiegt und sehnt und tröstet in einem, und das innere Fis will gar nicht mehr still sein.

... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
Engine room
Gelegentlich, in sehr glücklichen Momenten, habe ich ja das Gefühl, mit dem Auto unterwegs zu sein. Das permanente Schwanken unter meinen Füßen deutet aktuell allerdings eher auf eine Schiffsreise hin - ein Reise immerhin auch, und Lokomotion verhindert ja zuverlässig Haltungsschäden. Es gefällt mir nicht, dieses Schiff, aber aussteigen wäre nur unter Verlust des Lebens möglich. Ich hab mich wohl verlaufen, aber irgendwo habe ich doch schon einen Blick auf ein Sonnendeck werfen können, dort ein paar Gestalten gewahrend, welche sehr ansprechende Gesellschaft verhießen. Ich will mal sehen, ob ich da nochmal hinfinde. Ein wenig ausruhen und mich sehr wohl befinden, ja warum nicht. Ich muss ja nicht gleich raushängen lassen, dass ich eine Zutrittskarte für die oberen Decks gar nicht besitze.

... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
Mittwoch, 5. März 2008
"Du bist so peinlich."

[Non]
... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
Teatro dei fiori
Seit fast vier Wochen blühen nun schon die Tulpen, die ich ihr gepflanzt habe. Sie waren natürlich vorgezogen (wie falsch es ist, den Dingen ihre Zeit nicht zu lassen, nur weil jemand das Rot schon im Januar haben will), und ihre Köpfe können sie schlecht wieder einziehen. Und so werden sie von den Nachtfrösten regelmäßig niedergestreckt, knapp überm Boden abgeknickt. Die Blätter strecken sie schwer beschädigt von sich, genau so wie man sich tote, erfrorene Blumen vorstellt... ich sehe es vor mir, wie sie theatralisch fallen mit stummem Seufzen, ein memento mori wie aus dem Buche. Maske und Regie, alles haben sie in ihren unbegreiflichen Tulpengenen. Denn:
In der Sonne richten sie sich wieder auf. Bis zum Nachmittag stehen sie wieder, wie aus der Folie gewickelt mit ihrem wächsernen Touch. Applaus! Und ich habe doch jedes Mal Sorge, dass da mehr als Bühnenblut geflossen sein könnte.

... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
Montag, 3. März 2008
M-Klasse
Der Sportler schläft. Die Entspannung malt das Alter ins Gesicht, läßt die Verschlossenheit hervortreten wie herauspoliert. Die Haare kinderschlafwirr, grau, stark gewellt - drüberstreichen möchte ich und das Drahtige spüren, welches ihn, wach, immer umgibt, aber das Drahtige soll Ruhe haben nun. Der magere Körper weich losgelassen, ein Zwilling, wie er da so knochig hingestreckt ist, zierlich die ganze Figur und fein gezeichnet jeder Muskel unter der nachtwarmen Haut, die so überwältigend zart ist, ich weiß, wie sie sich anfühlt unter meinen Händen. Der Sportler schläft, die schmalen Schultern fallen matt aufs Lager und die schönen Augen sind verschlossen.

Morgen früh wird er noch bevor er das Bad betritt zwei Zigaretten rauchen auf der holzgedielten Terrasse, den Blick weit hinausgerichtet und doch blind fürs Gegenwärtige, eine leuchtende Kapsel aus Autarkie und Abwehr um sich errichtend, die ihre Wirkung erst gegen Abend restlos verlieren wird. Dann wird er Musik auflegen im Wohnzimmer und er wird Kaffee machen für uns beide, leise singend an die Arbeitsfläche gelehnt. Und während er gelassen mit Chrom und Porzellan hantiert, gewinnt der Rücken Breite, die Oberarme spannen sich ins Hemd. Beide Arme werde ich von hinten um ihn schlingen und mein Gesicht vergraben in diesem duftenden Männernacken.

Schlaf, Sportler.

... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
Sonntag, 2. März 2008
Sie bindet mir die Flügel.

... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
Die Turbobiene
Die Turbobiene ist ein kleines Kind. Nichts kann sie alleine, doch alles tut sie selbst. Sie hat die Augen offen und denkt rasch. Sie fragt gewissenhaft, da weiß sie's schon und schon läuft sie vorbei, denn sie läuft auf Schienen. Manchmal, wenn sie sich überholt, wünscht sie sich ein warmes Kleid.
Die Turbobiene lebt heftig, und auch vom Tod spricht sie mit Schwung. Nachts weint sie wie eine nasse Birke, tags singt sie laut und strickt an ihren Wünschen. Die Turbobiene ist ganz leicht, aber durchsichtig ist sie nicht. Sie träumt von Hubschraubern und großen Hüten und manchmal auch von kleinen Ärzten.
Die Turbobiene kann sich selbst verzaubern und tobt versessen. Wer kann sie bremsen, wer gebietet Einhalt? Die Turbobiene lacht verlegen und ist froh, daß sie kein Mann ist.
August 1994

... anzeigen (0 Kommentare)   ... kommentieren
... früher