Donnerstag, 26. Juli 2012
Der Tag der zwei Möglichkeiten


Fifty oder fifty. Links oder rechts. Mohn oder moan.
Ach, macht doch was ihr wollt. Ich bin's. So oder so.

Mittwoch, 25. Juli 2012
Von Baven nach Eversen
Wenn abends beim Ausziehen lebende Blätter, Rinde und eine tote blaue Libelle aus der Unterwäsche fallen, kann der Tag nur auf einem kleinen deutschen Amazonas flussabwärts sich wechselweise treiben lassend oder gegen Strömung, tief hängendes Gezweig und Pferdebremsen kämpfend verbracht worden sein. Nachts schaukelt das Bett sanft und droht harmlose Uferböschungen zu rammen, tausende metallisch schimmernde Flatterlibellen (die Minister des Zauberers aus dem Hexe-Lilifetisch-Film, der dort noch gedreht werden könnte) gaukeln durch den muskelmüden Schlaf, und der Schneidezahn, der nicht rechtzeitig unter einer querliegenden Birke durchgetaucht ist, puckert morgens nur noch auf Nachfrage. So gefährlich schmal war der Fluss, dass das Boot sich quer verhaken konnte, so gefährlich schmal war das Boot, dass das Wagnis, den Fotoapparat aus der wasserdichten Wertsachentonne zu holen, zu groß erschien, und so kann nur kühl aufgezählt werden, was fern aller Wege und Straßen vorbeiströmte in aller Stille: Schilf, meterlange Algen, bäuerliche und demimondäne Landsitze mit englischen Gartenpavillons auf gemähtem Rasen bis zum Wasser, vorwiegend rosa oder weiß blühende unterschiedlichste Pflanzengesellschaften, Kunstgewerk aus Metall und Holz, leere Raufen, ein privat beschilderter Yachthafen bestehend aus einem hinter zwei Weiden verklemmten Holzbalken, Brücken, eine davon mit vier nicht besetzten Barhockern am Geländer, Kühe, Pferde, zwei taube Ziegen, Enten mit Kindern und Enten ohne Kinder, grüne Libellen, kleine Libellen, blaue Libellen (bereits oben erwähnt), Radfahrer, Mähdrescher, die Sonne und viele Stunden.

Mittwoch, 18. Juli 2012
Keinen Wunsch mehr zu äußern, keine einfache Frage mehr zu stellen wagen, nicht einmal die Neuigkeit, dass es eine ganze freie Woche, freie Tage und Nächte! geben wird mitzuteilen sich trauen, nicht daran, die Lust auf eine Flasche Wein durchzutelefonieren überhaupt zu denken sich erlauben: so weit kann es kommen.

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Dienstag, 17. Juli 2012
Kuppelsaal
Wie viel lieber esse ich den handgeschnitzten Kartoffelsalat und die selbstgebackenen Butterkuchen der Kirchengemeindehelferlein, wenn der geschätzte Gastchor nach Art der Landschaft verpflegt wird. Das Süppchen gestern aus dem benachbarten Restaurant, das die DEAG kommen ließ, war allerdings schon auch nicht schlecht. Hinter der Bühne, wo die Stars ihr Lächeln sofort fallen lassen und die Blumen achtlos ablegen, sind dann doch nicht alle gleich, im Neonlicht, unter der niedrigen Asbestdecke, zwischen den Transportcontainern des Orchesters schonmal in Reihe angetreten, bitte eine Gasse lassen für [unverständlich]. Wo Entertainment draufsteht, ist natürlich auch Entertainment drin und keine Kontemplation und keine schwimmenden Augen im Publikum, sondern Trampeln und Mitklatschen von Tausenden. Wem's gefällt. Im Januar dann nochmal in Hamburg, und auch hinter den Kulissen der Laeiszhalle wird es nüchtern zugehen. Draußen, im Licht aber umso glitzender.

Beim Tango ist Erwin so sehr viel schöner, und viel selberer. Ein Sänger, ein Bandoneonist und ein Pianist bewegen sich auf einem Teppich aus Orchester. Männermusik "from my heart as a gift for you", und fast kann man es glauben.

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Montag, 16. Juli 2012
Hier kocht der Chef
"ESM-Chef", "Eurogruppen-Chef", "FIFA-Chef", "CSU-Chef" - so flapsig wird genannt, wer irgendwie vorne oder obendran steht (hier stellvertretend für viele Für-die-doofen-Leser-reichts-Bezeichnungen die heutigen Schlagzeilen-Chefs auf tagesschau.de). Braucht ja keiner zu wissen, was die wirklich machen, Hauptsache Chef. Was ist das, ein Chef?

Bei nur ganz kurzer und sicherlich an einem ordentlichen journalistischen Standard gemessen schlampigen Recherche auf dem Chef-Lexikon (wer kennt den Begriff noch?) Wikipedia lässt sich nachlesen, dass der ESM (in den Medien "Euro-Rettungsschirm" genannt, weil die Leserschaft mit "Europäischer Stabilitätsmechanismus" sicherlich heillos überfordert wäre) keinen Chef hat, sondern einen Geschäftsführenden Direktor. Das ist mal eine Position, deren Namen etwas sagt. Geschäftsführend. Aha. Ist das jetzt derjenige, der da medial "ESM-Chef" tituliert wird? Man weiß es nicht, denn über den derzeitigen Amtsinhaber schweigt sich der Artikel aus. Schnell den Namen des "ESM-Chefs" eingegeben: "Seit dem 1. Juli verwaltet er den Hilfsfonds der EU (Link auf den ESM)", was heißt das jetzt? Kann sich keiner mehr klar ausdrücken? Hilfsfonds der EU. Soso. Verwaltet. Hm.

Für den Spaß, dem "Eurogruppen-Chef" (die Euro-Gruppe, man beachte die semantisch bedeutsame Schreibweise, hat einen Vorsitzenden) und dem "FIFA-Chef" (die FIFA hat einen Präsidenten) in ihre wirklichen Funktionen nachzuspüren, scheint mehr Zeit vonnöten zu sein. Aus einem Medium, das sich in der Ersten Liga der seriösen Informationsvermittler sieht, eher wähnt, erfährt man jedenfalls nichts Substantielles.

Ich freue mich auf meinen Plausch mit dem Eiscafé-Chef. Der ist nämlich wirklich einer. Drei Kugeln Frucht bitte, mit Sahne groß, und einen Cappuccino.

[Non]
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