Sonntag, 1. Juni 2014
A. D.
Vielleicht ist der Himmel ja so gut, ihrer wunderschönen Großmutter die Nachricht zu überbringen, dass ihr doch ein Mädchen nachkommt, genau so, wie sie es sich immer gewünscht hat. Und denen Verzeihung zu gewähren, die ihr diese Nachricht auf Erden nicht überbracht haben.

Schlafen Sie gut, liebe Frau D.

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Samstag, 17. Mai 2014
stuff
Los, Internet, streng dich an. Du wirst doch wohl irgendwo eine Spardose mit einer Kensington-Buchse haben?

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Montag, 5. Mai 2014
Ps 62,2-3
Tausch: einer großen Taufe folgt eine kleine Konfirmation. War damals die große Kathedrale voll besetzt und voller Musik, gab es damals Bach und Messiaen und zweierlei Orgeln für dieses einzelne kleine Baby und für alle, die kamen, können heute vier der 14 reservierten Familienplätze verschenkt werden. Ein Blödflockenensemble spielt, es gibt Schnippslieder, die von den jungen Stimmen halb kindlich, halb mit dem Mut und dem Übermut des kommenden Erwachsenseins mitgesungen werden, und die Orgel klingt seltsam nach Hammond in diesem Gemeinderaum ohne Hall, der nun mit Gästen vieler Familien besetzt ist, von denen zwei Drittel das Glaubensbekenntnis nicht mitsprechen können. Das Vaterunser geht schon besser, und das ist schließlich das Wichtigste. Sie schauen ernst, die damals am Taufbecken sich erschreckt haben über das Wasser oder einfach alles verpennten, sie sind geschminkt und stöckeln auf ungewohnten Absätzen daher, sie tragen Anzüge und Krawatten, die sie komisch finden und sich selbst auch, das sieht man in ihren Gesichtern, die Schuhe sind geputzt und alle dunkel. Mehrere Omis weinen beim Einzug, der Pastor lässt sich rühren vom Elterndankblumenstrauß, der ihm von der rampensaumäßigsten aller Mütter mit einer kleinen Rede in den Arm gelegt wird, er hat es verdient, genau wie die pensionierte Lehrerin, ein Bild von einer Religionspädagogin, Pastorenfrau mit Großmutterkörper, die ihr Ehrenamt ernst und mit Schwung nimmt, seit die junge Diakonin gehen musste, weil die Kirche sie nicht mehr bezahlen konnte. Es sind Schulkameraden und der süße Freund gekommen, die beste Freundin sogar, die eigentlich in der Geschlossenen ist, weil sie sich die Arme immer zerschneiden muss – sie hat Ausgang erwirkt. Die eigene Oma sagt hinterher, als sie auf die Welt kam, da fragten wir uns, ob wir wohl die Konfirmation erleben, und da weint sie schon wieder. Später weinen die Gäste beinahe über die kleine Rede, die das Kind hält zum Essen, und dann macht man vier Gänge durch das Menü, während der Kleinste sich an seinen Nudeln freut und mit seiner Serviette mit allen Guckuck spielt.

Gestärkt gehen wir alle hervor aus diesen scharfen Kurven. Gas geben, der Anstieg ist noch nicht geschafft, die Kuppe aber schon sichtbar, dahinter eine Landschaft, auf die sich alle freuen, denn sie ist neu für alle und es sieht so aus, als scheine dort die Sonne.

Dienstag, 29. April 2014
Salbe
Die Abende sind sehr leise geworden. Kleine Verrichtungen, eine Naht hier und eine Gießkanne Wasser dort, alle Vorsätze, wieder das Fahrrad zu nehmen jeden Abend hin. Kleine Gänge, Ideen kurz wie die Strophen der Amselgesänge draußen. Die Tage rumpeln so vorbei. Verschobene Telefonate, Fehler in den Rechnungen, der Hunger, ungeputzte Schuhe, abgelaufene Versprechungen, Disziplin an der Uhrzeit entlang. Der Kalender ist ein grobes Netz geworden in einem fremden Haus. Worte fort.

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Samstag, 26. April 2014
Schachbrett
Er sitzt ihr jede Woche gegenüber. Sie schaut ihm zu, wie er in Büchern liest.
Sie ist krank, mehrere Wochen. Er sagt, wo waren Sie.
Er holt das Kind nur noch ab und zu ab. Sie kann kein Muster erkennen.
Sie schreibt ihm, wünscht schöne Ferien. Er sagt, woher haben Sie meine Adresse.
Er sagt, wie waren Ihre Ferien. Sie sagt, danke gut, ich hoffe Ihre auch.
Sie schreibt mit einer Einladung. Er antwortet, er habe zu viel zu tun.
Er trifft sie zufällig auf einem Heimweg. Sie zögert, lässt sich dann doch ein Bier spendieren.
Sie schreibt, es war ein schöner Abend. Er antwortet nicht.
Er schreibt, kennen Sie diese Pizzeria. Sie schreibt, nein.
Sie trinkt einen Kaffee in seiner Küche nach dem Besuch der Pizzeria. Er sagt, er muss noch arbeiten.
Er schreibt, ich habe noch die Einladung vom letzten Sommer. Sie schreibt, jetzt habe ich viel zu tun.
Sie macht ihren besten Wein auf. Er sagt, das ist nicht nötig.
Er küsst sie leidenschaftlich. Sie sagt, ich bin krank.
Sie schreibt, ich habe mich einweisen lassen. Er schreibt Gute Besserung.
Er schreibt, ich könnte dich besuchen, dort. Sie sagt, in zwei Tagen bin ich sowieso zu Hause.
Sie schreibt, wir könnten in den Klinikgarten gehen. Er sagt, ich muss arbeiten.
Er bringt ihr Blumen und Pralinen ins Krankenhaus. Sie sagt, lass mich erst gesund werden.
Sie besucht ihn. Er macht Salat und sein Bett für sie.
Er besucht sie, er lädt sie ein. Sie genießt seinen Duft in ihrem Haus und trägt seine Hausschuhe.
Sie sagt, du musst nicht auf dem Boden schlafen. Er sagt, ich möchte deinen Schlaf nicht stören.
Er sagt, wir sollten nach Paris fahren. Sie sagt, ich habe das gerade meinem Kind versprochen.
Sie sagt, ich bin sehr froh. Er sagt, mein Leben ist verstört.
Er sagt, bleib doch noch. Sie sagt, ich möchte dich nicht stören.
Sie sagt, komm doch an dem Tag zu uns. Er sagt, ich möchte ein Junggesellenleben führen.
Er sagt, ich wollte dir nicht wehtun. Sie sagt, das weiß ich.
Sie sagt, ich verreise jetzt. Er sagt, verreist du alleine.
Er sagt, ich verreise jetzt, bis bald. Sie sagt, gute Reise.
Sie freut sich auf seine Rückkehr. Er muss sich um seine Dinge kümmern, denn er war lange weg.

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